Ein kompetenter Brückenschlag im Stil
Bilder und Text: Gerhard Paproth
Die zehn Finalisten des Nachwuchswettbewerbes werden von einer kompetenten Jury nicht zuletzt danach ausgesucht, inwieweit ihr gestalterischer Leitgedanke in der Lage ist, einen eigenen Stil zu kreieren, der zukunftsträchtig ist und auch handwerklich solide vorzugehen weiß. Mit dem Prix Chloé, dotiert mit mittlerweile 20.000 Euro, ist allerdings eine zusätzliche Herausforderung verbunden, nämlich die, einen überzeugenden Brückenschlag zu finden zwischen dem eigenen Stil und der klassischen Silhouette des berühmten Modehauses. Ein eigener Entwurf muss dafür gemacht werden, der dann in Konkurrenz mit den anderen neun Wettbewerbern in einem speziellen Défilé auf den Laufsteg gebracht wird. Der Preis ist sehr begehrt, entsprechend engagiert wird die besondere Aufgabe bearbeitet. Je revolutionärer der eigene Gestaltungsansatz ist, desto größer wird die scheinbare Unvereinbarkeit mit der klassischen Marke sein, gleichzeitig aber entstehen genau damit Vorschläge, die auch das Traditionshaus in innovative Richtungen denken lässt. Und umgekehrt ist der Designer verpflichtet, seine Freiheit in die Entwicklungsgeschichte einzubinden und sein gestalterisches Ego auf eine vorfindliche Fährte zu setzen.
Den diesjährigen Prix Chloé hat Tina Schwizgebel-Wang aus der Schweiz errungen, klug hat sie das Farbenproblem auf Weiß und Grau-Beige reduziert und damit einen beherrschten Kontrast der Teile hergestellt. Im Ganzen hat sie eine elegante Kombination aus raffiniertem Schnitt und eher klassischen Elementen geschaffen, die eine stimmige Gesamtwirkung erreicht. Über die etwas spießig anmutenden Strümpfe lässt sich geschmacklich streiten, die auch noch mit Sandalen kombiniert werden, das Schuhwerk ist aber immerhin behutsam modifiziert um Vergleich zu ihren dahingehend eher anspruchslosen Gestaltungen in der Hauptschau. Stellvertretend an diesem Beispiel lässt sich auch bei den anderen Wettbewerbern sehen, dass der dort vorfindliche Trend zum Groben, zum Teil auch Primitiven nur schwer zu einer gewissen Eleganz zu modifizieren ist.
Die Schau zeigt darum, besonders im Vergleich zu den Wettbewerbskollektionen, aufregende Verständniskonzepte und Stilmodifikationen, von denen zum Beispiel der Entwurf von der Russin Yana Monk eine beeindruckende Wandlung aufzeigt – von der Kutte zum Kurzkleid mit Gazeschleier-Cape.
Letztlich vielleicht ungewollt, hat Chloé mit dieser Herausforderung gut das Problem der Gegenwart hinsichtlich ästhetischer Gestaltungskriterien und des Gespürs für Eleganz auf die Tagesordnung gesetzt und fordert einen Spagat heraus, der für so manchen Designer unerwartete Konflikte heraufbeschwört, besonders dann, wenn Anti-Ästhetik eigentlich Teil seines Konzeptes ist.
Tetsuya Doi, Yota Anazawa & Manami Toda (Japan):
Tsung-Chien Tang (Taiwan):
Dita Enikova (Littauen):
Lucille Thièvre (Frankreich):
Tina Schwizgebel-Wang (Schweiz):
Christoph Rumpf (Austria):
Milla Lintilä (Finnland):
Emilia Kuurila (Finnland):
Róisin Pierce (Irland):
Yana Monk (Russland):