Zurich Fashion Days 2011 / Kostume 4 – Rückschau

Zurich Fashion Days 2011 / Kostume 4

Text & Bilder: Boris Marberg

Die Züricher Modetage sind nun vorbei und es ist ein guter Zeitpunkt, das Gesehene noch mal kurz Revue passieren zu lassen und einen Gesamteindruck für die Veranstaltungen festzuhalten, bevor das Gefühl für die Situationen vergeht und sich der Modealltag und die rationalistische Sichtweise auf die Branche und insbesondere die Kollektionen wieder einstellt. Unserem Plan nach lagen zwei Gegenpole im Fokus. Die Charles Vögele Fashion Days und die Kostume 4. Konzeptionell unterschiedlicher könnten diese beiden, Luftlinie nur rund 500 Meter auseinanderliegenden Schauplätze kaum sein. Und dennoch spiegeln beide Veranstaltungen auf ihre ganz spezielle Art und Weise Charakterzüge von Mode und Modebetrachtung in der Schweiz so treffend wieder, wie dies kaum bei anderen Gelegenheiten sichtbar wird. Während das Programm auf den Vögele Fashion Days blockweise und inhomogen war, so dass auch nach dem die Veranstaltung nun im zweiten Jahr ist nicht klar wird, was eigentlich das Konzept und das Ziel ist, fällt dies bei der Kostume leicht. Hier steht Mode in ihrer kreativen und künstlerischen Ausprägung im Mittelpunkt und es werden geschickt interessante konzeptionelle Design-Ansätze präsentiert, die nicht zwingend massenkonform sein müssen. Charme, Improvisation, Charakter zeichnete die gesamte Atmosphäre aus. Über die einzelnen Kollektionen die dort vorgestellt wurden, werden wir noch eingehenden einzeln berichten (Julian Zigerli, Kielo, N2TF, AVÉE, Miriam Schwarz).

Auf der anderen Seite der Hardbrücke haben wir uns gezielt den Freitag 11.11. herausgepickt, um zwei wesentliche Blöcke mitnehmen zu können, auch wenn wir aus dem Block Vogue Salon, bis auf Augustin Teboul bereits alle Kollektionen im „firstview“ gesehen haben (Augustin Teboul präsentierten in Berlin in der Form der „on model presentation“). Dennoch war dieser Block ansprechend, da er modernes, zeitgenössisches (deutsches) Design in verschiedensten Ausprägungen zeigte – von reduzierter Klarheit bis hin zu verspielter Couture mit dennoch ernster Note (Michale Sontag, Augustin Teboul, René Storck, Vladimir Karaleev). Dem vorgelagert war der Block, welcher (jungem) Design aus der Schweiz vorbehalten war, wie zum Beispiel Claudia Zuber. Auch hier werden wir unsere Reviews der einzelnen Kollektionen noch komplettieren. Abgerundet wurde dieser Block durch ein Gastspiel von Kilian Kerner, der mittlerweile auch zu unserem Stammrepertoire gehört und mit dem wir noch ein Interview führen konnten. Alles andere, was auf den Vögele Fashion Days präsentiert haben, haben wir deshalb ausgelassen, da es unserer Auffassung nicht für den Modestandort Schweiz von Relevanz war oder konzeptionell nicht überzeugen konnte.

Es mag ja für Endverbraucher interessant sein, sich in eine Just Cavalli Schau einkaufen zu können und etwas Glanz und Gloria zu schnuppern, doch die Realität in der Modebranche sieht doch ganz anders aus, wenn man das Original bereits kennt. Bei der Gelegenheit noch ein paar Dinge die aufgefallen sind. Organisatorisch waren die Vögele Fashion Days auf der Höhe der Zeit, was wohl auch dem Partner IMG geschuldet ist, der eine immense Erfahrung bei der Organisation solcher Veranstaltungen vorweisen kann und neben dem Know How auch eine gewisse Note an Einfühlungsvermögen an den Tag gelegt hat. In der Folge dessen fehlte allerdings auch der gewisse eidgenössische Charme und eine etwas technische Kühle machte sich breit, mit der wir wohl weniger Probleme hatten, als teilweise die ortsansässige Presse. Das zeigte sich auch an dem wohl vom Hauptsponsor (in keiner Weise nachvollziehbarem) getragenen Drang, auf „Prominenz“ zu setzen. Fatal ist es dann allerdings, wenn man sich als „Modemarke“ mit vermeintlichen glanzvollen Namen aus dem Showbiz schmückt, die dann entweder durch Abwesenheit glänzen, oder durch Deplatziertheit. Grundsätzlich sind die Modetage eine gute Chance für die Branche in der Schweiz, die sich allerdings auch im zweiten Jahr nicht hatte dazu hinreißen lassen, die Gelegenheit beim Schopf zu packen, oder gar alternativ und parallel auf den Zug aufzuspringen. So haben wir doch eine ganze Reihe heimischer Labels vermisst, den es liegt doch eigentlich auf der Hand: Mit recht wenig Aufwand hätten viele die Möglichkeit gehabt innerhalb dieser Tage zum Beispiel Showroomevents mit on model Präsentationen aufzuziehen oder mit anderen Konzepten interessante Mode zu präsentieren. Vielleicht wird es aber schlicht noch eine ganze Weile dauern, bis erkannt wird dass hier Potential liegt. Vielleicht ist es dann aber auch schon zu spät und das Event wird aus kommerziellen Gesichtspunkten eingestampft werden.

Zurich Fashion Days 2011 / Kostume 4 - Rückschau

Augustin Teboul SS12

Zurich Fashion Days 2011 / Kostume 4 - Rückschau

Toujours Toi Family Affairs

Zurich Fashion Days 2011 / Kostume 4 - Rückschau

Julian Zigerli SS12

Zurich Fashion Days 2011 / Kostume 4 - Rückschau

N2TF SS12