Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

Paris Fashion Week – Spring/Summer 2019 – Prêt-à-porter

Bilder und Text: Gerhard Paproth

 

 

Ein letzter, kurzer Spaziergang führt uns zunächst in das 9. Arrondissement – ungewöhnlich für einen Fashionweekbezug. Nähe Pigalle, Nähe Barbès. Esther Perbandt beweist mit der ausgesuchten Location typisch Berliner Arbeitsstrategie: Es muss nicht immer das Teuerste und Übliche sein, wenn eine gute, ausgefallene Idee zu mindestens gleichwertigen und auch ungewöhnlichen Ergebnissen führt. In einer gepflegten Bier-Bar hat sich die Designerin für ein paar Stunden tagsüber zwei Tage lang einquartiert, um hier ihre Kollektion TIT FOR TAT* (auf deutsch „wie du mir, so ich dir“ ) für ss 2019 zu präsentieren.
Aus unserer Sicht ist die Wahl der Location in einer Pigalle-Bierbar ein genialischer Schachzug mit Alleinstellungsmerkmal im großen Pariser Fashionweekgetriebe und seinen unzähligen Präsentations- und Showroom-Veranstaltungen, die immer edel, teuer, sicher platziert und etwas aufgedreht daherkommen. Jedenfalls ist diese Präsentation eine sehr kluge Idee, Berliner Künstlermentalität auf der Fashionweek Paris treffend vorzuführen. Und dass diese Strategie vielleicht am Stromlinienkommerz vorbei geht, kann man da durchaus in Kauf nehmen, Qualität und eigenwillige Prägnanz sind Kriterien, die eine Fanschaft rekrutieren (und bedienen), die eben nicht so flüchtig und anpasserisch drauf ist, aber dennoch anspruchsvoll. Das war den Besuchern vor Ort auch anzumerken.

Perbandts Kollektion erscheint dagegen nicht ganz so exzentrisch wie gewohnt sondern eher schlicht und geradlinig zurückgenommen, ohne den typischen Stil aufzugeben. Man hat sogar den Eindruck, dass gelegentlich veredelnde Aspekte hinzutreten (z.B. die Sicherheitsnadel als Glanzstück) und dass das nach wie vor eigenwillige und innovative Perbandt-Terrain für den Pariser Geschmack geöffnet wird. Die Designerin hat ja auch geraume Zeit in Paris gearbeitet und weiß sehr genau, wie der Kommerz und die Konsumenten dort ticken. Verraten hat sie sich damit keineswegs.
Sie ist natürlich selbst anwesend und ihr eigener Kleidungsstil ist darüber hinaus ein unmissverständliches Grundsatzstatement.

* „Tit for Tat“ ist eine Spielstrategie, die zwischen Kooperation, Rache, schneller Provozierbarkeit und Vergeltungsautomatismus navigiert.

 

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

***

 

Das zweite Rendez-Vous haben wir im K I OZ lab Showroom ( Galerie Christophe Gaillard) im 3. Arrondissement. Interessant war uns die Kollektion in der Vorschau als Post-Goth-Konzept erschienen, doch bei näherer Betrachtung vor Ort änderte sich unsere Einschätzung erheblich. Die Designerin Tsolo Munkh ist in der Mongolei aufgewachsen und lebt seit 2005 in Paris. 2010 hat sie in Hyères den Publikumspreis gewonnen und ihr eigenes Label gegründet. Die mongolische bzw. buddhistische Kultur sind ihr stete Inspiration in der Behandlung der Stoffe, der Oberflächen und auch der Schnitte. Stickerei, Verzierungen und Brüche in Körper und Fläche sind ebenso Kennzeichen der Gestaltung wie bewusst rohe Schnitte bzw. Silhouetten, so dass stets etwas „Natürliches“, Raues, in sich aber raffiniert Organisiertes die Gestaltung bestimmt. Folkloristische Feelings kommen mitnichten auf, im Gegenteil, die Kollektion kommt sehr zeitgemäß bis avantgardistisch daher und erweist sich als sehr komplex im scheinbar Groben.

 

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh

Showroom-Walk IV: Perbandt und Munkh