Fashionweek Paris Autumn Winter 2021
Text: Gerhard Paproth
Bilder: Screenshots/Vorschaubilder der Netzvideos
Am zweiten Tag der Pariser Fashionweek wird deutlich, dass die Selbstorganisation der Labels nun in eine andere Dimension gelangt ist, denn die Livepräsentation, die bisher außer von der Modegestaltung maßgeblich von der Location der Schau abhängig war, gilt es jetzt in auch in filmische Sprache zu übersetzen, Artdirektoren von außen spielen nun eine nicht unwesentliche Rolle für den Erscheinungsstil. Manche Designer tun sich offensichtlich schwer damit, manche finden kongeniale Lösungen und dritte wiederum spinnen hinzugefügte Geschichten und Träume als Überbau für die Kollektion. Die früheren Lifestyle-Konzepte werden oft durch individuelle geistige Räume ersetzt, gelegentlich werden aber auch Prozesse des Machens zum Thema, in denen sich Betrachter imaginär beteiligen können, wo man „ganz dicht dabei“ ist. Das sind Dimensionen, die jetzt weniger freiwillig ins Auge gefasst werden, wie einige Häuser das schon zuvor praktiziert haben, sondern als Forderung auszufüllen sind und neue Erwartungen beim Publikum wecken. Es ist die dritte Saison, in der die Labels sich damit konkurrierend positionieren müssen und es wird nicht leichter.
Die Länge der Filmchen – zum Beispiel wenn die Kollektion reichhaltig ist – kann schnell zu Übermüdung führen, schnelle Schnitte die Wahrnehmung verkürzen und manche, im Film vielleicht tolle Einstellung, macht im Clip keinen oder sogar eher kontraproduktiven Sinn. Die Balance zwischen visueller Spielerei und sachgerechter, aber attraktiver Demonstration ist für die Filmemacher oft schwer zu halten und nicht immer werden die filmischen Konzepte den modischen Finessen gerecht. Umgekehrt tauchen Perlen auf, die mit kongenialen Ideen und sehr sachbezogenen Pointierungen das Spezifische der Kollektion und der Marke herausarbeiten, ohne betulich zu werden.
Aus dieser Sicht wäre es jetzt verführerisch, mit Kommentierungen auf das filmkünstlerische Format abzuheben, dann käme aber der eigentliche Zweck der Sache, nämlich die Modegestaltung, zu kurz.
Wir erlauben uns nachfolgend eine unkommentierte Auflistung der gezeigten Vorführungen und Videoclips zu geben, nicht nur, weil die Menge und mögliche Auswahlkriterien plötzlich deutlich ins Licht rücken, sondern hauptsächlich weil das Zusammensuchen der Beiträge auf youtube etc. mühselig werden kann. Lediglich zum ersten Beitrag am Dienstag erlauben wir uns ein paar Bemerkungen, denn er demonstriert diverse Probleme, die sich mit dem Format ergeben können, besonders für noch nicht wirklich etablierte Newcomer:
Der Dienstag (2.3.2021) startet eigentlich mit
Marine Serre – CORE Muses Tribes Family
https://www.youtube.com/watch?v=Q1OutFZFTyg&t=2s (2m18)
Macher: keine Angaben
laut Bezeichnung ein Trailer, dem dann aber nicht Weiteres folgt, außer einem Hinweis (im Programm) auf ein später gesendetes Interview. Zur Präsentation doch ein paar Anmerkungen:
Mit Marine Serres Einstand in Hyères vor 4 Jahren erschien noch das Versprechen leicht exotischer Ausrichtung des Gestaltungskonzeptes, goldener Stoff mit schwarzen Mondsicheln waren ihr eingeführtes Erkennungsmerkmal, auf hautengen Hosen und Tops und mit coolen Schuhen. Gleichwohl überzeugte uns der Auftritt dort noch nicht wirklich, trotz Ökobewußtsein (Re- und Upcycling) und nachfolgend auch nicht mit institutioneller Förderung ihrer Arbeit. Die 28jährige ist nun regelmäßig auf den großen Pariser Fashionweeks vertreten und auch gut und mit großem Selbstbewusstsein ins Business eingestiegen. Sie hat darüber hinaus Bodysuits mit dem Moon-Print für Beyoncé und ihre Tänzerinnen geschaffen. Alles sehr vielversprechend.
Die Präsentationen der Kollektionen dagegen drehen sich nun aber keineswegs um exotische Fantasien, sondern um Lifestyle in Familie, Partnerschaft und bürgerlichem Leben im Mittelstand mit seinen kleinen Ausflügen und Freuden.
Der Spaß am Upcycling ist ehrenhaft, aber für ein tolles Konzept im Getriebe großer Konkurrenten nicht viel wert. Die Kleidung selbst zeigt zwar etwas ungewöhnlich collagierte, aber letztlich doch eher biedere Gestaltung, besonders in den Schnitten, auch wenn die gelegentlich hauteng sind. Das Mustermerkmal zieht sich durch verschiedene Printvarianten und erweitert sich gelegentlich um weitere astrologische Insignien, die Pfiffigkeit des Einsatzes bleibt aber begrenzt. Es liegt vielleicht nahe, dass es mit diesem Lifestylekonzept recht schwierig ist, etwas faszinierend Attraktives auf die Beine zu stellen, besonders, wenn die Designerin sich als Teil dessen versteht, aber anspruchsvoller meistern ließe sich diese Herausforderung durchaus.
Der Trailer zeigt, neben diversen häuslichen Vergnügungen, auch noch die Freude der Designerin an verschiedenen Materialien und Mustern, die der Wiederaufbereitung harren, Hinweise auf die aktuelle Kollektion sind nur wenige zu finden. Ein Gespräch mit der Designerin ein paar Stunden später soll Einblick verschaffen. That’s it.
Folgende Videos liefen danach im Programm am Dienstag (in der chronologischen Folge):
Mame Kurogouchi: “Nocturnal Window”
https://www.youtube.com/watch?v=Gs7EulPQHeU&feature=emb_logo – (2m44s)
Director: Yoshiyuki Okuyama
Lourdes New York season 3 collection – Ascension
https://www.youtube.com/watch?v=bZfq99HSf6M&feature=emb_logo – (3m17s)
Andreas Aresti + Team
Situationist – Forbidden Family
https://www.youtube.com/watch?v=LhBHTBBM-0o&feature=emb_logo – (6m21s)
Director: Davit Giorgadze & Salome Potskhverashvili
Dawei
https://www.youtube.com/watch?v=6pW2BVQQ9Lo&t=3s – (2m27s)
Directed by Michelle Du Xuan
Ottolinger
https://www.youtube.com/watch?v=dyDLQ72jlCk&t=1s – (1m45s)
Video Directed by Felix Aaron
Koché – Bird of Paradise
https://www.youtube.com/watch?v=PlSMVUMZdro – (2m43s)
Heliot Emil – Unstable Equilibrium
https://www.youtube.com/watch?v=QhfmOQaB2ks&t=1s (5m11s)
directed by Julius Juul
Thebe Magugu – BANYOLOYI A BOSIGO
https://www.youtube.com/watch?v=54Rb5tg3z5A&t=1s – (12m41s)
directed by Kristin-Lee Molman
Die Beiträge am Mittwoch (2.3.2021):
Auralee – Men’s and Women’s Collection
https://vimeo.com/517141467 – (4m23s)
Film director: Pennacky
NEHERA – AW21 collection
https://www.youtube.com/watch?v=eZ0B5keifxk&t=1s – (5m13s)
Creative Direction & Concept: NEHERA & JANDL
Paul Smith – Showroom
https://galleries.launchmetrics.com/p/fhcm-production/showrooms/603e47dda18d79000875787f
kein Video sondern eine Fotoreihe der Kollektion
The Chloé Autumn-Winter 2021 show
https://www.youtube.com/watch?v=hrdHHdKYSPM&t=2s – (7m13s)
Film Directed by: Alexandre De Betak
Acne Studios – Women’s FW2021
https://www.youtube.com/watch?v=KtZV1YiFwNo&t=1s – (8m20s)
Captured by Casper Sejersen
Dries Van Noten – Fall Winter 2021/2022 | Digital Fashion Show in High Definition. (Widescreen – Exclusive Video
https://www.youtube.com/watch?v=3WUDjdGG86s – (6m23s)
Directed by Casper Sejersen
Courrèges – I can feel your heartbeat
https://www.youtube.com/watch?v=mgldt5t7dcQ&t=2s – (8m43s)
Creative Direction of the Video: Tess Lochanski & Nicholas Di Felice
Patou – Act 3-4, 2021
https://www.youtube.com/watch?v=5oqhc-BVBdg&t=1s – (2m14s)
Director: Marc Hibbert
Di Petsa – I am my own Mother
https://www.youtube.com/watch?v=5cHa_LUXhXE – (9m39s, censored)
Videographer – Editor: Alexandros Papathanasopoulos
Litkowskaya – Poeta Semper Tiro
https://www.youtube.com/watch?v=En46QzvO15I&t=1s – (2m33s)
Creative Director: Sasha Stekolenko
UJOH – FW21 Paris Fashion Week Women
https://www.youtube.com/watch?v=BnvPMgKYruY&t=1s – (4m20)
Creative Director/Producer:Akiyoshi Inomata (KuRoKo)
Anmerkung: Alle Bilder sind Screenshots aus den veröffentlichten Videos und die Rechte natürlich daselbst. Wir haben aus technischen Gründen nicht direkte Links gesetzt sondern die Adressen erreicht man mit Copy-Paste.