Berlin Fashion Week AW2025 – Halle am Berghain
Bilder: Andreas Hofrichter
Text: Gerhard Paproth
Afrikanisches Modedesign ist nur sehr selten das, was der herkömmliche Stereotyp suggeriert, die typischen afrikanischen Stoffe sind selten geworden und die betreffenden Designer und Designerinnen sind meistens durch westliche Schulen gelaufen und von deren Moderne geprägt. Auch Kusi Kubi, der Designerkopf von Palmwine Icecream, arbeitet parallel in London und in Accra (Ghana).
Aber wie auch die asiatische Mode behält die afrikanische immer bestimmte Merkmale, die die westlichen Sehgewohnheiten bereichern und das Spannende am Zeitgenössischen ergänzen – mal mit ein paar Akzenten, mal recht grundlegend.
Zum letzteren gehören die Arbeiten von Kusi Kubi, denn das Ganze der gezeigten Kollektion ist atmosphärisch so aufgeladen in der Prägung seiner Ästhetik, dass man sich umgehend in eine andere Erlebniswelt versetzt fühlt. Wer in Afrika war, spürt sofort die Anmutung der Natur des Kontinents völlig gegenwärtig. Und es überrascht, dass dafür an keiner Stelle irgendwelche Folklore oder Traditionselemente nötig sind. Im Gegenteil, Kreationen aus alten (aus dem Westen importierten) Textilien und neuem Material prägen üblicherweise seine Kleidung, im Vergleich zu früher bestehen die Outfits nun aber vorwiegend aus glänzendem, (recycelten) Leder, dazu Holz, Raffia, Kalebasse und Deadstock-Materialien. Seine Schnitte sind durchaus nicht revolutionär, aber auch keineswegs konservativ und nie langweilig. Hiesige Vorstellungen von Sexyness, erotischen Pfiffigkeiten, spielerischen Schnitten und Acessoires machen die Kollektion hochmodern. Schmuck aus Holz und manchmal Gold ergänzen das konsequente Stilverständnis.
Entscheidend für die sehr homogene Gesamtwirkung der Kollektion ist die erdige, warme Farbigkeit: Braun- und Ockertöne sowie stark gedämpftes Rot, Grün und Blau und Schwarz. Das atmet stark atmosphärische Ausstrahlung der tropisch-afrikanischen Natur und beinhaltet zugleich eine warme Lebendigkeit, die von den abstrakten, dunklen Musterprints prägnant aber unaufdringlich unterstrichen wird. Gestaltung und warme Emotionalität gehen zusammen und evozieren ein ganz eigenes Leuchten, was wir so in der gegenwärtigen Modewelt kaum finden. Und es ist wohl auch diese ungewohnte Qualität, eine gewisse Tiefe, die das Publikum im Berghain so sehr beeindruckte.
Der humane Aspekt, den Kusi Kubi mit Palmwine Icecream (PWIC) auch in seiner Lebensphilosophie und Weltbeobachtung unterhält, reicht von dem offenkundigen, beängstigenden Problem der importierten, den Kontinent überschwemmenden Massen-Second-Hand-Kleidung in Afrika und dringend notwendigem Recycling bis hin zu engagierten Ambitionen, andere dort in seinen Erfolg einzubinden und zu fördern – besonders angesichts eines kreativen Aufbruchs junger Designer, den er in Ghana konstatiert.
Und er steht zu seiner Herkunft und weiteren Bildung: „Sei es durch die Verwendung traditioneller Techniken oder durch die Art und Weise, wie ich kulturelle Referenzen mit modernen Ideen verbinde – meine Kultur ist irgendwie in alles eingewoben, was ich kreiere.“ Die Stimmigkeit dieser Tatsache ist das weitere Merkmal dieser stilsicheren Kollektionsgestaltung, das beeindruckt. LIFE MOODBOARD ist als Titel sehr treffend gewählt.