Am Puls der Zeit! E-Werk und Kraftwerk Berlin
Text: Boris Marberg
Bilder:
Schau – Andreas Hofrichter
Messe – Boris Marberg
Mit der Messe NEONYT, die diesen Sommer zum zweiten Mal die bisherigen Veranstaltungen zu nachhaltiger Mode in Berlin zusammengefasst hat, entsteht ein Schwerpunkt, der mittelfristig in Berlin zum wesentlichen Fundament der Modewoche werden kann. Der Schrumpfungs- und Bereinigungsprozess, den die verschiedenen Formate und Veranstaltungskonzepte in Berlin durchgemacht haben und der auch noch immer in Transformation ist, findet damit die aktuelle Chance in noch nicht gesehener Klarheit. Neben der Messe an sich im Kraftwerk an der Köpenicker Straße, wurde nachhaltige Mode auch am zentralen Ort, dem eWerk, in einer kuratierten Schau präsentiert. Dabei bewährt sich das Konzept, die Vielzahl der Labels als Fundus zu verstehen und hieraus Looks zu kreieren, die mit Leichtigkeit das Klischee – welches sich hartnäckig hält – zu überwinden, ökologische Mode könne nicht den Charme und den Chique bieten, wie konventionelle Mode.
Ja – diesem Thema haben wir uns in den letzten Jahren immer wieder widmen müssen, und es wird Zeit, einen Haken hinter den nachhaltigen Anspruch setzen zu können. Der Diskurs ist aber zu komplex und ähnlich wie in der Politik muss man noch hoffen, dass von den konventionellen Produzenten vielleicht die Rufe gehört und die Bedürfnisse aufgegriffen werden, gelingen will das allerdings noch nicht wirklich.
Es besteht zwar das Interesse, Verantwortung zu übernehmen und Konzepte für eine nachhaltigere Wirtschaft umzusetzen, die ganz klaren Forderungen, die von der jungen Generation auf die Straße getragen werden, werden allerdings noch immer nicht ernst genug genommen. Der Widerspruch ist aber auch systemimmanent. Bedarf und Bedürfnis wollen bedient werden und neue Kleidung soll auch konsumiert werden – mit möglichst gutem Gewissen. Gleichzeitig will Innovation sich äußern, sichtbar werden in neuen Produkten. Aus diesem Dilemma zu entkommen ist nur über noch radikalere Wege möglich, als nachhaltig zu produzieren. Denn es würde nachhaltigen Konsum verlangen, bis hin zum Konsumverzicht.
Vielleicht ist auch aus diesem Gedanken heraus zu verstehen, dass die zugehörige Schau im eWerk sehr Denim-lastig war. Jeans lässt sich extrem nachhaltig produzieren, unter der Akzeptanz der Langlebigkeit des Materials und unter der Voraussetzung der Wiederaufbereitung der Rohstoffe. Das individuelle Verantwortungsgefühl der Konsumenten anzusprechen und dennoch im Wirtschaftssystem in der bisherigen Form eingebunden zu sein ist mehr als eine Gradwanderung. In Bezug auf Jeansware konnten sich Interessierte auf der Messe gut bei MUD Jeans informieren.
Wieder auf die eigentliche Modenschau kommend, bleiben ein paar Punkte ganz augenscheinlich. Zum Beispiel können nachhaltige Accessoires, insbesondere Taschen und Schuhe gestalterisch mittlerweile durch ansprechende Materialien nicht nur mit Konventionellem mithalten, sondern übertreffen diese bereits. Neue Produktionsmethoden für Fasern und Aufbereitung über Recycling sind da nur ein paar Punkte. Heutzutage ist die Behauptung schlicht nicht mehr nachvollziehbar, dass nachhaltige Materialien nicht die gleichen kreativen Spielräume bieten würden, wie konventionelle Fasern oder Farben – blass und Beige als einzige Alternative war gestern. Bunt, laut und kontrastreich, sogar Transparenz ist nicht nur möglich, sondern kann im geschmackvollen Arrangement auch überzeugen: