Cum Dederit, Fashionweek Berlin aw2023 – St. Marienkirche
Text: Boris Marberg
Bilder: Andreas Hofrichter
Auch die neue Kollektion des Designers Lucas Meyer-Leclère für seine Linie LML Studio setzt sich zunächst explizit mit Material und Nachhaltigkeit auseinander und präsentiert eine nahezu komplett in Schwarz gehaltene Kollektion, die viel mit Volumen, körperlicher Präsenz und Übergröße spielt.
Jacken, Jacketts und Mäntel bieten reichlich Bewegungsfreiraum. Dabei ist fast alles in Schwarz und Anthrazit gehalten. Diese Kreationen werden teilweise kombiniert mit weißen oder schwarzen Hemden, welche überlange Manschetten als Ärmelabschlüsse haben. Dazu kann aus dem Sortiment mit Tweed-, Denim- oder Lederhose kombiniert werden; als maximaler Kontrast gar mit einem vorne geschlitzten Herrenrock.
Die alternative Oberbekleidung ist das lockere, grobmaschige und durchsichtige Stricknetz-Top; ein grünes, wuscheliges Tank-Top findet sich als „bunte“ Variation dazu in die Linie eigestreut. Über nacktem Oberkörper läßt Meyer-Leclère auch bauschige Kurzmäntel tragen – passend zu den meisten Looks sind Schal, Täschchen und Schleife als abrundende Accessoires zu finden. Lediglich ein Oversize-Mantel in Weiß und mit farbigen Schlierenstreifen und eine überlange Blousonweste in gleicher Machart kontrastieren die Kollektion genauso wie eine knöckellange Kutte. Die Formgebung ist vertikal körperbetont mit teilweise horizontalen Brüchen in den Looks, die locker und selbstbewusst, manchmal geradezu herausfordernd getragen werden.
Mit seiner Kollektion mit dem Titel „Cum Dederit“ greift Lucas Meyer-Leclère Themen im Kontext christlicher Religiosität und sexueller und geschlechtlicher Identität auf. Auch die Wahl des Ortes seiner Präsentation im Rahmen der Berliner Modewoche, nämlich der evangelischen St.-Marien-Kirche an der Karl-Liebknecht-Straße, unterstreicht die thematische Ausrichtung. Der Hauptprediger der evangelischen St.-Marien-Kirche ist Dr. Christian Stäblein, der Bischof der Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Dr. Stäblein ist religionswissenschaftlich ein Protagonist, der sich mit dem Thema der Segnung von Paaren in eingetragener Lebensgemeinschaft auseinandergesetzt hat und dabei insbesondere einen pragmatischen und kirchenrechtlichen Ansatz verfolgt. „Cum Dederit“ (lat.) – ohne entsprechende Attribute übersetzt bedeutet – „als er gab“. Dies soll wohl auf einen Segen bezogen sein, welcher einem Paar einer Hochzeitsgesellschaft zuteilwird. Dies skizziert schlagwortartig die gestellte modische Szenerie und bringt die Kollektion in einen entsprechenden sozialpolitischen Kontext. In der Inszenierung der Modenschau bedeutet dies konkret eine Hochzeitsgesellschaft mit dem Designer als Bräutigam und seinem Gegenpart, welchen Geschlechtes und welcher sexuellen Identität auch immer. Das ist als Gesamtinszenierung sehr berlinerisch. Mit Humor wird dies auch sprachlich umschrieben, wenn auf einem der präsentierten Tank-Tops „Herr de Berlin“ in Schreibschrift steht.