Laurèl Frühjahr / Sommer 2012
Text: Marcello Rubini
Bilder: Andreas Hofrichter
Laurèl hält, was der französische Klang verspricht: eine Kollektion, die sich ganz bewusst auf französischen Stil bezieht. In einer Art Prolog sahen wir Filmausschnitte und Bilder mit Brigitte Bardot, die ja in den Sixties noch ein neues Modell der Freiheit verkörperte. Fast vergessene kulturelle Statements und Feelings; dieser Bezug sollte den roten Faden der nachfolgenden Schau (auch entsprechend musikalisch begleitet) bilden. Mit der Sommer-Kollektion hat Laurèl dann alle Register gezogen, die die modischen Referenzen auf die Sixties/Seventies herauskehren, von den Accessoires (z.B. Hüte, Gürtel) bis hin zu den Hosenanzügen bzw. Overalls, die seinerzeit für Frauen das lässige Must bedeuteten und gerade in den Sommermonaten an der schicken Cote-d’Azur allgegenwärtig waren. Brigitte Bardot war zweifelsohne Leitfigur des französischen Hippie-Chics – Schlapphut, grosse Sonnenbrille, enge Hosen, superkurze Röcke und lockere Blusen, der von ihr vorgeführte Stil weckte die Sehnsüchte der „Teens“ und „Twens“ überall in Europa und wurde aufgegriffen vom neuen „Jet-Set“, ob an der Cote d’Azur, auf den Aftershowparties der Rolling Stones oder in den französischen Filmen.
Laurèl allerdings kopiert nicht nur diesen seinerzeit sehr farbenfrohen bzw. bunten Stil mit wilden Mustern, die zum Teil nur mit den zugehörigen Drogen geniessbar waren, sondern beschränkt sich auf die Lockerheit der Schnitte (flatternde Kleider, lose Blusen, knappe Hosen), eher zurückgenommene Naturfarben (Grau, Sandtöne, Weiss und Schwarz mit gelegentlich erfrischend aufleuchtenden Komplementen von Blau bzw. Türkis, Gelb bzw. Limone, Rot), nur wenige Muster (maritime Querstreifen, gelegentlich aber auch Kreise und immer wieder graue Schlangenprints).
Fast alles, was die 60s/70s-Mode an Neuem bot, finden wir zwar irgendwie wieder, aber doch stilistisch unaufdringlich und konzentriert auf eine eher atmosphärische Anmutung der Erinnerungen an eine erfrischend lockere Zeit, mit der wir letztlich auch Brigitte Bardots Erfindung der modernen, freien und sinnlichen Frau assoziieren. Unsere Gegenwart kann mit der befreiten Ausgelassenheit der 60er vermutlich nicht mehr viel anfangen, aber bei Beobachtung der angestrengten Suche vieler Modemacher, wie die selbstbestimmte, selbstbefreite Frau sich modeoptisch darstellen lässt, hat Laurèl hier einen treffenden und sehr überzeugenden Gestaltungsansatz gefunden, erwachsen und trotzdem jung, kultiviert und sexy, geschichtsbewusst, ohne dem Retroaspekt Penetranz zu erlauben.
Ehedem Kind von Escada, ist diese Linie sowohl inhaltlich als auch gestalterisch eine gelungene und selbstbewusste Emanzipation.