Haderlump – Ex Libris

Haderlump – Ex Libris

Berlin Fashion Week SS2026 – Haus der Visionäre

Text & Bilder: Boris Marberg

 

Die Schau zur neuen Kollektion für den Sommer 2026 von Haderlump Atelier Berlin fand im Haus der Visionäre, einer Veranstaltungshalle mit industriellem Charme, Bauhaus-Architektur und historischem Backsteinbau statt. Die vergilbten Wände werfen ein warmes Licht auf die Kleidung und vermitteln Vergänglichkeit. Auf künstliches, hartes Licht wurde verzichtet. Damit ist der Raum auch ein greifbarer Ort geworden, der sehr gut zum thematischen Überbau der Kollektion passt, einer Auseinandersetzung mit vergehenden Kulturgütern und der Fragestellung, was für Folgen und Auswirkungen das digitale Zeitalter haben könnte.

In der Halle wurden mehrere Kuben platziert, die gespickt waren von mit Text bedruckten Bücherseiten und die einen räumlichen Rahmen für die ansonsten klassische Modenschau boten. Das passt alles sehr gut zu dem einrahmenden Themenfeld Autorschaft, Identität und Vergänglichkeit. Symbolhaft werden die Ex Libris, die individuellen Kleinode in Büchern, als Aufhänger genommen – in der Modegestaltung selbst ist der Bezug allerdings nur selten und schwer zu erkennen. Musikalisch hat man technisch innovativ mit sich rhythmisch an die Bewegung der Modelle anpassender Musik experimentiert.

Die Kollektion richtet sich an eine weibliche sowie männliche Kundschaft, der es wichtig ist, greifbar im Raum die eigene Identität zu bewahren und sich dezent abzugrenzen. Neben dem Haptischen des Materials – Leder, Leinen, Baumwolle – wird sehr spannend mit Konstruktionen gespielt, die sowohl klassische Silhouetten bieten als auch provokante Brüche in den Konstruktionen zeigen. Die verwendeten Materialien stehen oft in lautem Kontrast zueinander, was farblich abgemildert wird. Die Palette basiert auf Weiß, Beige, Schwarz und Grau – ab und zu Anlehnungen an Brauntöne – alles eine Frage der Interpretation und zurückhaltender Gestaltung.

Diese Zurückhaltung zeigt sich in der entstandenen Bandbreite von weichen Looks bis hin zu harten, skulpturalen Entwürfen, ohne zu „erschlagen“. Hier treffen breite Schultern, Korsettblusen und drapierte Röcke auf wuchtige Schichtungen, massive, in den Raum greifende A-Silhouetten, voluminös schwingende Mäntel. Kombiniert wird viel mit adoleszenten „Schildmützen“ und Taschen, die aus einer Kooperation mit „Liebeskind Berlin“ stammen. Funktional ausgelegter Streetstyle steht hier bei Haderlump ganz selbstverständlich neben wilder, aber auch edler Abendgarderobe für Damen, die mit Leichtigkeit auch repräsentativ genutzt werden kann. Bei mehreren Looks sind in Jacken integrierte Kapuzen spannend gelöst und vermitteln ein interessantes, sehr bedrängtes Stimmungsbild. Da duckt sich jemand im Großstädtischen weg und schützt sich vor den Eindrücken. Das rundet die insgesamt urbanen Looks ab und knüpft gekonnt an die letzten Kollektionen an. Johann Ehrhardt ist damit wieder eine sehr ansprechende Kollektion mit seinem erst 2021 gegründeten Label gelungen, die mit vermehrt eigenen Akzenten aktuelle Trends zusammenfasst. Damit stellt der Lette-Verein-Absolvent erneut unter Beweis, dass er zu den vielversprechendsten zeitgenössischen Berliner Designern gehört.