Geschlossene Gesellschaft

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Damur, Lana Mueller, Susumu Ai ss2022, Berlin

 

Text: Gerhard Paproth
Bilder: Gerhard Paproth, Boris Marberg

 

Wenn ein Label beziehungsweise ein Modedesigner in der Fashionweek zu einem Date in ein Restaurant einlädt, ist das schon fast ein neues Format. Handverlesene Gäste, kaum Presse und ein eher intimes Ambiente rücken eine solche Veranstaltung im Vergleich zu einer großen Modenschau schon fast in einen intimen Charakter, wo der Modedesigner und seine Arbeiten scheinbar dicht am Publikum (sprich Kunden) dran sind.

Die Wahl der Location folgt hier anderen Massgaben, Niveau und Ambiente spielen eine große Rolle und in der Folge auch die angebotenen Speisen und Getränke, die Bedienung, das Licht und letzten Endes sogar der Stadtteil. Das muss imagegerecht geplant sein und so haben wir das auch wahrgenommen.

 

Die erste Veranstaltung dieser Art zur Berliner Fashionweek SS2021 war schon am vorausgehenden Sonntag, ein Brunch mit #Damur in Kreuzberg. Ein großer, eher etwas nüchterner Saal mit Bühne vor den großen Fenstern, langen Tischreihen, einer Bar und einem Büffet sowie einem Ausgang zum bestuhlten Garten. Eher unauffällig in einer Ecke platziert zwei Kleiderstangen locker gefüllt mit ein paar verschiedenen Outfits der jüngeren Produktion und einem riesigen Eyecatcherkleid aus Patchwork daneben. Alles eher schlicht, nicht unbedingt fotogen das Ganze, aber thematisch nüchtern, denn es geht nicht um Stil sondern um Upcycling. Wie bei Damur üblich, werden die aktuellen Schlagworte der jungen Generation optisch konsequent in eine Modeidee übertragen und variiert, wobei man dann um diese Schlagworte, also hier UPCYCLING, noch geistige Konstrukte bauen kann und darüber reden. Diese Gespräche und Ansprachen wurden dann auch von der Bühne ins Publikum lanciert, kommentiert und ausgeweitet. Zwischendurch wurde auch mal ein Outfit von einem Modell gezeigt, für die Kameras.

Ein typisches Damur-Konzept, ein symbolischer Begriff wird so direkt wie möglich visuell auf Kleidung übertragen und verbal gefüllt und ausgeschmückt. Ästhetische Konzepte haben laut Shih-Shun Huang ohnehin abgedankt und werden heutzutage durch aktuell ideelle ersetzt, was auch direkt auf die Mode zu übertragen sei. Wenn aktuelle Begriffe Mode werden, also zur sprachlichen Formel (Prinzip „Propaganda“), kann man sie auch zur Formel in der Modegestaltung transferieren und das hat dann auch zwingend Erfolg. Das nur scheinbar einfache Verfahren gelingt Huang Damur immer sehr schlüssig. Und in dem Sinne war die Veranstaltung auch ein gelungener Treffer.

 

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Ganz anders positionierte sich die Lana Mueller – Veranstaltung. In einem hochkarätigen Restaurant: ambitioniertes Innendesign, mit runden Tischen, exquisiter Ausstattung, stilbewußtem Personal und eher intimer Beleuchtung. Gutes Essen, hochwertige Getränke (und ein guter Weinhändler als Sponsor) sowie erlesene Gäste, denen man auch das Bewußtsein zu exquisiter Mode ansah. Dazu eine professionelle Animatrice, der immer Text einfiel und die durch den zeitlich etwas gedehnten und damit entspannten Abend führte. So wurden die Pausen zwischen den drei Modevorführungen mit je vier Kleidern unterhaltsam gefüllt und die Designerin im Gespräch zu diesem und jenem vorgestellt. Schöner Aufenthalt, Modenschau und animierte Unterhaltung im Kreis geladener Gleichgesinnter erwiesen sich als stimmiges, imagegerechtes Konzept.

Die vorgeführten Modellkleider stammen aus den letzten 13 Kollektionen von Lana Mueller, jetzt nachhaltig neu produziert, elegant, aber nicht so spannend wie bei den saisonalen Schauen, die wir bisher von ihr sahen.

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Die charmanteste Veranstaltung war die „Japanische Nacht“ des Labels Susumu Ai in einer eher winzigen Sake-Bar in der Ludwigkirchstrasse. Mit zurückhaltendem Charme und großer Aufmerksamkeit wurden alle Gäste periodisch in die Nomu Sake Bar (die erst nächste Woche offiziell eröffnet) geführt und mit exotischen Getränken (Kyushu Gimlet – japanischer Gin, Lime, Sakura; Green Planet – japanischer Whisky, Matcha, Vermouth) und exquisiten japanischen Häppchen versorgt.

Die Mode des Labels war wie Kunst an die Wände montiert, vier Beispiele, die den Kunstcharakter durchaus einlösen können. Eine Mischung aus klassisch japanischem und westlichem Styling, aus hochwertigen, nachhaltigen Materialien, extrem sorgfältig verarbeitet und geschmacklich ausgewogen kombiniert – auf seine Weise außerordentlich elegant. Das Designerduo Keiho und Alisa Menkhaus mit seinem kleinen Team ist erst seit letztem Jahr auf den Markt getreten und verkauft zur Zeit per Internetorder aus Berlin.

Keine Übertreibung, klein und delikat, bescheiden aber große Klasse – in jeder Hinsicht korrespondierte auch diese Veranstaltung mit dem Selbstverständnis des Labels.

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