Fashionweek aw 2013 Berlin – African Fashion Day
Bilder: Boris Marberg
Text: Gerhard Paproth
Der Besuch des African Fashiondays war, muss ich gestehen, begleitet von der Erwartung, den faden Farben und Schnitten diverser Berliner Designer entfliehen zu können und stattdessen in eine Welt frischer, mutiger und origineller Modekonzepte überzuwechseln. So ganz ging dieses Vorhaben aber nicht auf, nicht zuletzt auch deshalb, weil die vertretenen Modeschöpfer afrikanischer Herkunft großenteils in europäischen Großstädten leben und arbeiten, was bestenfalls einige interessante Crossover-Ästhetiken aufscheinen lässt, die Kollektionen gestalterisch aber doch eher auf den europäischen Markt zu schielen scheinen.
Ausnahmen davon, zumindest in diversen Aspekten, konnte man in dem angeschlossenen Showroom mit sechs Designern finden, beispielsweise bei Malaika Designs (Adowa Ode-Dombrowe, Rosemary Dede – Ghana, jetzt Berlin), Hunadi Bespoke (Mabothokgong Mathole und Chantel Fourie – Johannesburg), José Hendo (GB) oder Afromania (Nkwo Onwuka – Nigeria). Neben der Womenswear gab es Schmuckkollektionen und Accessoires, die auf moderne Weise alte Traditionen der Webtechnik, Handfärberei und Stickereien mit unterschiedlichsten Materialien sowie afrikanische Prints aufleben lassen und damit nicht nur Naturverbundenheit suggerieren, sondern auch vom Treiben der Frauen auf dem afrikanischen Kontinent inspiriert sind. Die Fusion mit westlichen Schnitten und Stoffen und urbaner Ästhetik führt dann doch zu überraschenden Gestaltungen, auch bei den Accessoires und besonders beim Schmuck, dem eine reiche Vielfalt an Materialien eignet. Die beiden repräsentierenden Modelle für José Hendo dagegen zeigten spannend zusammengesetzte und gebrochene Schnitte und Formen, die durchaus modernes Körper- und Lifestyleverständnis repräsentieren und den Bezug zu Afrika kaum vermuten lassen. Allerdings: Hendo fertigt die skulpturalen Kollektionen aus Baumrinde und die Ergebnisse interpretieren diese alte afrikanische Handwerkskunst aus dem 15. Jahrhundert neu. In der Anschauung bleibt der Bezug aber verborgen.
Optisch eher westlich orientiert war es dann auch bei den Shows der drei Designer(innen) auf dem Laufsteg. Adama Paris (Designerin: Adama Amanda Ndiaye, geboren in Kinshasa) startete mit einer rein schwarzen Kollektion aus schwarz in schwarz gemusterten Seiden bzw. Satinstoffen, meist sehr raffiniert geschneidert mit hautengen, akzentuierenden Silhouetten – glatt und gekräuselt kontrastierend. Sehr körperbetonte und elegante Cocktailkleider, vielleicht in den zurückhaltenden Mustern konnte man gelegentlich noch Spuren afrikanischer Einflüsse ausmachen, sofern man die suchte. Vielmehr fühlte man sich mit den kurvenbetonten Silhouetten an die Körperkultur brasilianischer Weiblichkeit erinnert, sehr lebendig und sophisticated sexy.
Afrikanische Farbenfreude dann bei Nomi by Naomi. Kräftige, farbige Muster in akzentuiertem Kontrast zu monochromen Flächen, die wiederum in einfachen Farbe-An-Sich-Kontrasten auf große Leuchtkraft setzen. Eher lässige Volumen für genügend Bewegungsfreiheit und gänzlich auf einen lebensfrohen Alltag gerichtet. Dazu auch afrikanisch anmutende Armreifen, großzügig kombiniert und farbig gemustert.
Der männliche Kollege Romero Bryan zeigte dann die abschließende Show, der DJ legte dazu fantastischen Afro-Techno auf. In London groß geworden, startete der Modeschöpfer mit jamaikanischen Wurzeln seine Karriere sehr jung und entschieden, seine großen Erfolge hat er heute hauptsächlich in den USA, wo Berühmtheiten und Stars seine eher zeitlos angelegten Kreationen lieben. Der weibliche Körper steht dabei sowohl bei den klassischen Kleidern als auch bei den gewagteren, mit viel transparenten, zum Teil raffinierten Cutouts versehenen Abendkleidern im Zentrum der Beachtung und Gestaltung. Souverän beherrscht Romero Bryan alle Raffinessen der Schneiderkunst, ohne sich dabei auf besonders kennzeichnende Merkmale festzulegen. Eine manchmal fast lässige, aber stets akzentuierende Eleganz bestimmt alle Schnitte und Applikationen, ob schlicht oder komplex, ob weit oder eng, großflächig oder filigran, stets suchen die Stücke, einen besonderen, individuellen Auftritt zu sichern. Bemerkenswert tolle Schuhe und oft auffällig schöner Schmuck rundeten die abwechslungsreichen Auftritte ab.
Romero Bryans ist ein Star der afrikanischen Modeszene, allerdings sieht man seiner Mode keinen Herkunftsbezug an.
Unterm Strich ist der African Fashion Day eine Bereicherung der Berliner Fashionweek, auch wenn ich mir etwas mehr afrikanisch inspirierte Akzente gewünscht hätte. Vor den Schauen wurden – um diese Vorstellung etwas zu konkretisieren – sehr beeindruckende Projektionen gezeigt, die die kulturelle Verbindung von Mode und afrikanischem Alltag und Selbstverständnis sehr originell vorführten. Einige davon haben wir fasziniert mitfotografiert und hängen sie unten an die Catwalk-Strecken an.
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Projektionen vor der Schau