MB Fashionweek Berlin AW2021, Digitalübertragungen
Text: Gerhard Paproth
Bilder: Screenshots aus den youtube-live-Videos
Der dritte Tag hatte, abgesehen von dem wundervollen Videoclip von Rebekka Ruétz, nur wenige Highlights zu bieten. Nicht zuletzt deshalb, weil die meisten Designer auf Live-Shows verzichteten und stattdessen vorbereitete Videofilmchen eingespielt haben. Das sorgt zwar für eine eigene, leichter zu kontrollierende Qualität, rückt aber noch weiter ab von dem Live-Feeling, das die eigentliche Atmosphäre der Fashionweeks besonders macht.
Viele Gespräche, die zu verfolgen manchmal auch einige Geduld erfordert. Die Zuschauerzahl auf Youtube lag dann auch nicht selten unter zehn, da stellen sich den ambitionierten Fashionweek-Organisatoren sicher noch einige Fragen für die Zukunft. Als ergänzende Doku dauerhaft ins Netz gestellt ist das vielleicht durchaus sinnvoll, als sogenannte Live-Events verstanden aber manchmal suboptimal.
Aber auch bei den Kollektionsschauen zeigte der youtube-Zähler meistens nur so um 20 Zuschauer bei der Live-Übertragung an. Ausnahmen wie die Schlussschau am Abend zwar etwas mehr und mit später wachsenden Klickzahlen, inwieweit solche Angaben nun schon eine Ahnung vorwegnehmen, ob eine Internetvariante der Berliner Fashionweek als Erfolg gewertet werden kann, insbesondere mit dem Touch der Liverealisation, lassen wir erst einmal dahingestellt. Vielleicht ist das anvisierte Medium Instagram da echt relevanter und erfolgreicher gewesen.
Die Vermutung im Vorhinein, dass die Gesamtveranstaltung sich über ein komplexes Netz im Internet verstreut, hat sich gottseidank nicht bewahrheitet, verschiedentlich aufsuchen musste man aber schon (z. B. über die Neo.Fashion.-Veranstaltungen berichten wir später).
Wir haben uns trotzdem bemüht, dem offiziellen Programm der MBFW ununterbrochen zu folgen, und versuchen von diesem Tag zeitnah eine kommentierte Übersicht inclusive Screenshots und Links zu geben.
Fashion Open Studio x MBFW:
INNOVATIVE DESIGN – FASHION PRESENTATION
Cruba, Damur, Fade out Label, People und Soup Archive zeigen jeweils ihre Kollektion mit unterschiedlich aufwändigen (und aufgezeichneten) Inszenierungen im Kraftwerk. Zuvor stellt sich jedes Label in seinem Atelier kurz vor. Alle Designer haben ausgeprägte, ideologische Motivationen zur Gestaltung, die auch mehr oder weniger komplex sichtbar werden. Der Umfang der Kollektionen ist sehr unterschiedlich, von drei bis zu sehr vielen (z.B. Damur) Ausstattungen. Die filmische Aufbereitung ist recht prägnant und sachgerecht angelegt.
https://www.youtube.com/watch?v=lSaUpPOgzBU
Cruba:
Damur:
Fade out Label:
People:
Soup Archive:
Der Berliner Salon × MBFW Talk live mit Marie Hein (VOGUE Fashion Features Editor freelance) & Anna Isabella Rasmussen (Designerin):
CHECKING IN: HOW MUCH FUN IS FASHION?
Ein Gespräch über Probleme im Lockdown und die Bemühung in dieser Zeit spielerisch positive Akzente mit Gestaltung zu setzen. Ein kurzer Blick auf Chancen für die Zukunft.
https://www.youtube.com/watch?v=g_CQmUIFYBU
Fashion Open Studio × MBFW Anekdot (Atelierbesuch):
Sophie Andersson führt durch ihr Atelier, erläutert und zeigt was dort gemacht wird. Eine kleine Tanzschau mit der Dessous-Kollektion schließt das Video ab.
https://www.youtube.com/watch?v=XNV4nr_l64E
Rebekka Ruétz (Videoclip):
Ein sehr vergnügtes und einfallsreiches Video führt durch den Tag einer Protagonistin mit Rebekka Ruetz‘ Kollektion. 100% weiblich und wirklich empfehlenswert – der beste Clip der Saison!
https://www.youtube.com/watch?v=1bEefNaeuP0
Fashion Open Studio × MBFW Church of The Hand (Videoclip):
Ein mit vielen eingesprochenen Botschaften gefülltes Slow-Down-Video. Weiße Kleidung mit klerikalem Touch für Frauen und Männer.
https://www.youtube.com/watch?v=Ou2nouFhHgE
Fashion Open Studio × MBFW Talk
ON ART AND CULTURE
Mit Jeni Fulton, Céline Semaan Vernon, Max Gilgenmann zu Gast bei Alec Leach (Future Dust).
Ausgehend von Albert Camus werden – unter dem Motto ‘I rebel, therefore I exist’ – Fragen zu gesellschaftspolitischen Fragen verhandelt, die gelegentlich auch Mode betreffen. 50 zum Teil kämpferische Minuten.
https://www.youtube.com/watch?v=xcYQlpMO4Xg
Kilian Kerner (Schau):
Der vor ein paar Saisons zurückgekehrte Designer zeigt seine Kollektion als Laufsteg-Schau im Kraftwerk. Die meistens schlecht sitzenden Kleidungsstücke sind ja so etwas wie sein Markenzeichen genauso wie kleine schräge Gedankeneinfälle und Widersprüche wie grobe, dicksohlige Sandalen zu zarten Abendkleidern. Diese Winterkollektion kommt mit vielen Transparenzen und schimmernden Stoffen daher und setzt, wie stets, auf die ungewöhnliche Wirkung der Kombination von elegant und unperfekt oder grob. Darin äußert sich Kerners Revolte-Ästhetik, eine jugendlich anmutende Kriegsansage an den guten Geschmack, die den Betrachter zwischen Faszination und Irritation zurück läßt.
https://www.youtube.com/watch?v=y0Ul4mp_1WI
Karen Jessen (Videoclip):
Die Designerin ist schon lange unterwegs, seit 2012, hat bereits mehrere bedeutende Preise gewonnen und auf international renommierten Veranstaltungen gezeigt (Label Benu). 2015 war Karen Jessen im Vogue-Salon vertreten.
Hier zeigt Karen Jessen mit einem wunderbaren Videoclip eine eher kleine aber sehr feine Kollektion mit einer Art Post-Gothic Kleidung, nichts für den Alltag (oder noch nicht?), gleichwohl sehr edel. Neben kleinen Inszenierungsanteilen streift die Kamera langsam und liebevoll, fast erotisierend über unendlich geduldig und perfektionistisch gearbeitete Details der ohnehin aufwändigen Konzepte und bereitet damit ein kleines Fest für die Augen. Schwarz ist das Leder und passend die Musik, raffiniert das Zusammenspiel zwischen den feinen Lederstreifen und den freigelegten Hautstreifen, der Körper bewegt sich im Harnisch aus „Fransen“.
Karen Jessen ist bekannt für konsequentes Upcycling, mit fein zerschnittenen Stoffstreifen macht sie aus den vorhergehenden Kleidungsstücken (T-Shirts etc.) edle Neukreationen mit raffinierten Verknüpfungstechniken. Ein tolles, extravagant erotisches Konzept, das Berlin gut zu Gesicht steht und ein Label, das eine echte Bereicherung für die Fashionweek bedeutet.
Im Vorlauf (und auch zwischendurch) zeigt ihr Partner seine Bildhauerarbeiten.
https://www.youtube.com/watch?v=aZPJUki2XXw
Fashion Open Studio × MBFW – TALK:
ON ACTIVISM
mit Ariane Piper (Country Coordinator Fashion Revolution Germany), Buki Akomolafe (Fashion Designer), Dani Cole (@Inter_Sexy) Gastgeberin: Aditi Mayer (Speaker On All Things Style, Sustainability, Social Justice)
Ein Gespräch über Werdegänge, Selbstverständnis, Erfahrungen, Kommunikation, Perspektiven und positive Ansätze zur Veränderung des Fashionbusiness. 55 Minuten.
https://www.youtube.com/watch?v=vDzXdS3Kq60
ELI by Elias Rumelis (Schau):
Eine echte und würdige Laufstegschau zum Abschluss bietet Elias Rumelis mit seiner Herbst-Winter-Schau. Wie gewohnt softe Stoffe und sehr lockere, weite Schnitte und vor allem Outfits, die warm aussehen. Selbst die großen Muster auf den zurückhaltenden Farben wirken effektvoll aber unaufdringlich und souverän ins Gesamtbild gebracht. Einerseits eine pragmatische und alltagstaugliche Kollektion, andererseits auch zurückhaltend elegant.
https://www.youtube.com/watch?v=LIithFIu7-8