Schau und Interview zur Fashionweek Berlin ss2020, E-Werk
Text und Interview: Gerhard Paproth
Bilder: Schau Andreas Hofrichter, Backstage Gerhard Paproth
Christoph Rumpf gewann Ende April den „Prix Première Vision“ beim renommierten Nachwuchswettbewerb in Hyères, Frankreich, und im Zuge dessen hat der Sponsor Mercedes Benz ihn zu einer Schau auf der Fashionweek in Berlin eingeladen. Das ist, wie Rumpf auch im Gespräch würdigt, eine tolle Möglichkeit, als Nachwuchsdesigner seine Arbeit einem breiten Publikum vorzustellen.
Man muss sich aber auch die konkreten Umstände vor Augen führen: Christoph Rumpf ist noch Student und die vorgestellten Arbeiten repräsentieren darum nicht den Start ins Modebusiness. Vielmehr wird eine Designposition deutlich, die auf Unabhängigkeit beruht und – daher ja auch der Preis – den Anspruch eines gestalterischen Ideals in sich trägt, der auf großes Interesse und Beifall stößt. Umso deutlicher tritt diese Position hervor, als sie sich auf Mythen, Fantasie und Träume stützt, die mit dem Übergang in die professionelle Welt in der Regel normalerweise komplett abzulegen ist. Für das Publikum gehen damit aber die ebenso gehegten Sehnsüchte verloren, die, das zeigte der große Beifall am Ende dieser Schau, in Zukunft vielleicht doch eine Chance bekommen könnten. Wir sprachen mit Christoph Rumpf darüber und inwiefern institutionelle Nachwuchsförderung Wege bereitet.
modaCYCLE: Wir interessieren uns sehr für Nachwuchsförderung in der Mode. Gibt es solche in Österreich?
Christoph Rumpf: Ja, neben diversen Einrichtungen und Stipendien an der Uni gibt es einige Sachen. Aber Österreich ist ja auch klein und es gibt nicht so viele Designer.
modaCYCLE: Immerhin kommen nicht wenige Designer hier nach Deutschland, und die sagen, die Chancen bzw. Möglichkeiten sich zu etablieren seien in Österreich noch nicht so ausgeprägt.
Christoph Rumpf: Nun, das kann man vielleicht nicht vergleichen. Österreich hat ja nicht dieselbe Modeinfrastruktur wie die sehr großen Städte in Deutschland oder Frankreich.
modaCYCLE:Wie finden Sie die Nachwuchsförderung in Frankreich, wo man zum Beispiel in die ganz großen Betriebe hinein-gelotst wird und die Infrastrukturen nutzen kann. Sie haben auf diesem Wege doch schon den Schmuck für Chanel gemacht.
Christoph Rumpf: Nein, das ist noch nicht so weit, aber ich mache die Ausstattungen für Petit Bateau und ich finde nicht, dass man da „hinein-gelotst“ wird. Ich muss mich da jetzt noch nicht entscheiden. Wenn man da ein Angebot bekommt, kann man das überdenken. Für mich ist das momentan zum Beispiel keine Option mitten im Studium, aber nächstes Jahr, wenn ich das abgeschlossen habe, schon eher.
modaCYCLE: Ach, das müssen Sie deswegen generell ausschlagen?
Christoph Rumpf: Momentan ist das nicht so gut. Ich bin im letzten Studienjahr und will erst in Ruhe meinen Abschluss im September machen.
modaCYCLE: Und gibt es dann noch andere Möglichkeiten, Zugang zu etablierten Marken zu bekommen?
Christoph Rumpf: Ja, zum Beispiel gibt es noch eine Möglichkeit von Hermès, verbunden mit einem Preisgeld, auch für andere, die auf dem Festival (Hyères) vertreten waren. Das muss nicht sofort sein.
modaCYCLE: Also konkret hat sich noch nichts ergeben, nach dem Preis in Hyères, außer dem entsprechenden Preisgeld?
Christoph Rumpf: Nun, es ist schon fantastisch mit Mercedes Benz zu arbeiten, zum Beispiel jetzt hier, wo man die Schau machen kann und das ganze Makeup und so professionell ohne Eigenaufwand ausgerichtet wird.
Letztlich kann man sowieso nicht viel mehr machen, als was im Zuge des Preises der „Première Vision“ von Chanel eingerichtet ist. Ich bin außerdem, wie gesagt, ja auch noch im Studium.
modaCYCLE: Sie haben in unserem vorhergehenden Gespräch erzählt, dass Ihre Ideen aus dem Fantasy-Umfeld, aus Märchen stammen. Das ist ja ein ganz anderer Bereich als wenn man jetzt in die Fashionszene gehen will, die sich im Prinzip industrialisiert. Wie stellen Sie sich das mit Ihren Sachen vor, ist das nicht problematisch?
Christoph Rumpf: Nicht unproblematisch. Wenn man den Leuten das präsentiert, ist das eine Seite der Angelegenheit: meine Sachen, das sind alles extreme Silhouetten, und auch die Produktion ist kompliziert. Aber mit dem sogenannten Bad Stock kann man keine größere Menge produzieren (Rumpf meint hier seine recycelnde Verwendung von gefundenen Textilien, z.B. vom Flohmarkt etc.), da müsste ich am Anfang des gesamten Prozesses schon anders vorgehen.
modaCYCLE: Bei solchen Beispielen wie Brokatstoffen dürfte das doch nicht so einfach sein?
Christoph Rumpf: Einfach nicht, aber auch dafür finden sich Wege. Wenn ich dann ein eigenes Studio haben werde, will ich mich auch nicht so positionieren, dass ich jährlich 80 oder 90 Kollektionsentwürfe liefern muss. Ich wollte noch nie „Chanel werden“. Ich suche eine Nische mit kleiner Produktion, das geht ja auch und ich kenne gute Beispiele von Designern, die damit durchaus ein befriedigendes Auskommen haben.
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