Julia Starp AW12
Text & Bilder: Boris Marberg
Die Rückbetrachtung (Neudeutsch Review), der Kollektion Herbst / Winter 2012 der Designerin Julia Starp, möchten wir dazu nutzen, ein paar grundlegende Gedanken zu nachhaltiger Mode und Design zu verfolgen und zu vertiefen.
Der Nachhaltigkeitsgedanke bei Mode beschäftigt uns nunmehr schon seit einigen Jahren und gespannt verfolgen wir, wie sich diese Art der Mode etabliert, im Alltag sichtbar wird, aber auch in theoretischen Designansätzen aufgegriffen wird. Zu letzterem hat es die „Wissenschaft“ (wenn man bei Modedesign überhaupt auch in Anbetracht von diversen internationalen Hochschulen von Wissenschaft sprechen kann) bisher nicht geschafft auch nur annähernd eine diskussionswürdige Grundthese zu postulieren. Vielmehr muss auf allgemeine Aspekte zu Nachhaltigkeit zurückgegriffen werden. Besonders im Bereich der theoretischen Ansätze bleiben Feuilletonisten und Essayisten eher aus dem Soziologischen heraus federführend. Modeschaffende leisten hier nur selten substantielle Beiträge, die über die Präsentation der reinen Kollektionen hinausgehen. Gerade in Berlin, wo nachhaltige Mode sich einen etablierten Platz im Modezirkus erarbeitet hat, sind die Erwartungen doch sehr hoch, die Schritte immernoch sehr klein.
Die Diskussion um Nachhaltigkeit in der Branche ist mittlerweile auch in der Breite angelegt und Kernmedien greifen regelmäßig dieses Thema kontrovers auf. Insbesondere verbraucherorientierte Fernsehberichterstattung ist hier federführend. Bei all diesen Reflektionen vermisse ich aber die Auseinandersetzung mit der Kernproblematik – wie gestaltet sich eine Lebensgefühl und ein Lebensentwurf aus und wie wirkt sich dies visuell auf die hiermit verbundene Mode aus? Wenn wir nun „ökologische“, oder besser nachhaltige Mode betrachten fällt auf, dass diese sehr oft sich an sogenannten Basics festkrallt, und lediglich tradierte Styles aus nun nachhaltiger Produktion bedient – quasi den Volumenmarkt im Visier hat, ohne selbständig beim Design innovativ zu agieren. Ein Durchbruch kann aber wohl erst dann gelingen, wenn prägende Labels und Designer sich ebenfalls nachhaltiger Mode widmen und ihre Innovationskraft dieser Entwicklung anheim werden lassen. Im Großen ist aber wohl zurzeit noch genau das Gegenteil der Fall, wenn eine „Premiummarke“ nach der anderen mit limitierten Sonderkollektionen in Kooperation bei dem Massenbediener H&M landet.
Julia Starp ist nun eine der deutschen Designerinnen, die sich seit Jahren in diesem Themenfeld kreativ und produktiv betätigt. Sie ist mit ihren Kollektionen kaum mehr von der Berlin Fashion Week wegzudenken. Dies wäre innerhalb von wenigen vorgestellten Kollektionen auch nicht denkbar, wenn nicht eine Reihe von Qualitätsmerkmalen für ihre Arbeit sprechen würde. Zum einen die sehr stringente Handschrift. Zum anderen ein ausgesprochenes Talent für Kooperationen, wie z.B. aktuell mit OTTO (ECOREPUBLIC by Julia Starp).
Neben diesem aktuellen Projekt besticht die neue Kollektion von Julia Starp durch eine klare Handschrift. Die Oberflächen werden in der Regel nur dezent gebrochen und auf eine Ornamentik, die durch Applikationen auf die Volumen durchschlägt verzichtet die Designerin weitestgehend. Vielmehr überlässt sie es geschickt dem Einsatz von Accessoires, Akzente im Volumen zu setzen. Die Oberflächenmuster sind entweder feingliedrig dezent oder geometrisch orientiert, die Horizontalen brechend. Insgesamt erscheint der erste große Block der Kollektion sehr tragbar, unaufdringlich und mit viel Understatement. An diesen Block hat die Designerin eine Hand voll Kreationen angehängt, die in Richtung Abendmode gehen (die letzten 5 Looks der Kollektion). Die Stärken der Kollektion liegen aber in der Alltagstauglichkeit.