Berlin Fashion Week SS2026 – Kindl Brauerei
Text & Bilder: Boris Marberg
Oft wurde schon in das modische Wirken von Andrej Gronau hineininterpretiert, er würde seine Kollektionen auf einem Material- und Mustermix , wilden Farbkombinationen und Details aufbauen – er würde mit Augenzwinkern nostalgisch mit Begriffen wie Heimat und dem Ländlichen spielen.
Oberflächlich betrachtet kann man zu dem Schluss kommen, wenn man Bauernkaros – auch bekannt unter Vichy-Karo – als Sternstunde der Textilgestaltung ansieht, das würde schon irgendwie passen. Das muss man aber nicht verstehen.
Sicherlich finden sich neben diesen Karos – auch nicht immer in Weiß-Rot daherkommend – diverse verspielt-naive Details wie Sternchen, Schleifen und Bänder in der neuen, in Berlin vorgestellten kleinen Kollektion, die passend in einer (ehemaligen) Industriebrauerei stattfand. Damen und Herren tragen einen wilden Mix aus verschiedensten konzeptionellen Ansätzen. Da steht eine Strickkombination für eine junge Dame, angelehnt an die Formgebung der 1960er , neben übergroßen Boxershorts-Unterhosen – in Karo! –, mit denen sich der urbane Mann neuerdings in der Öffentlichkeit zur Schau stellen soll. Das braucht Mut, mag witzig sein, kann aber nicht wirklich überzeugen. Hochgeschnittene Hosen stehen hier neben rustikalen Pullovern. Der Cowboy-Stiefel kommt öfter zum Einsatz. Warmherzig ist hingegen die Farbpalette, und die Flächenkombinationen laden dazu ein, einzelne Looks auseinanderzunehmen und die Einzelstücke isoliert zu betrachten. Dann werden viele Aspekte in der Einzelbetrachtung wieder stimmig. Da ist zum Beispiel ein „Purple“-Herrenpullover, der mit feiner Silhouette und farblicher Lautstärke punkten kann. Auch andere Strickoberbekleidung ist ansprechend kombinierbar, lebt indes aber vor allem durch Haptik, Silhouette und die bereits angesprochene warme Farbpalette. Ob dies alles in eine neue Interpretation der zeitgenössischen Jugendkultur verallgemeinernd passt, erscheint fraglich. Dafür ist die zeitgenössische Jugendkultur – auch mit einer Sehnsucht nach Tradition und Verbundenheit – zu heterogen.