Berlin FWSS2018
Bilder: Boris Marberg
Text: Gerhard Paproth
Wir sahen die Arbeit der Schweizerin Vanessa Schindler bereits Ende April auf dem Mode-Festival in Hyères, wo sie schon zwei begehrte Preise gewann, den Première Vision Grand Prix und den Prix Publique der Stadt Hyères. Der Erstere sichert ihr neben 15.000 Euro Preisgeld die Zusammenarbeit mit einem Projekt von Chanels Métiers d’Art division zu, verbunden mit 10.000 Euro Erfolgsgarantie plus Einnahmen über die Rechte. Das ist schon großes Vertrauen in ihr Können und eine deutliche Adelung. Es ist auch ein Zeichen, wo man Zukunftstrends vermutet.
Um Gefrorenes Flüssiges geht es ihr nach eigener Auskunft bei den Ornamenten, Formen und Funktionalitäten. Das greift als Formel vielleicht etwas kurz, auch wenn sich in dieser Aussage schon der experimentelle Ansatz erahnen läßt. Ihre Entdeckung von Polyester-Urethan-Kautschuk als Kunststoff für Stoffbeschichtung animierte die Künstlerin zu recht ungewöhnlichen und aufwändigen Materialexperimenten, die in zwei Jahren schon zwei Kollektionen hervorbrachten.
Schindler fühlt sich inspiriert von flüssigen Designlinien, Industriedesign überhaupt, Architektur und auch dem Touch mystischer Erscheinungsformen. Moderne Technologie, Gestaltung und Sinnlichkeit, die sie in ihrer Mode zusammenführen will, beflügeln sie. Im Ergebnis sieht man Wirkungen, mit denen man Science-Fiction oder Unterwasserwelten assoziiert, sowohl infolge der exzentrischen Materialien als auch ungewöhnlicher Formgebung. Die menschliche Gestalt wird aufgelöst oder modifiziert mit neuen Dimensionierungen, angehefteten Zusätzen und eigenen, dominierenden Schwüngen in Linien und Formen.
Insofern, als Vanessa Schindler alle ihre lustvoll betriebenen Experimente auch mit funktionalen Ansprüchen verbindet, werden die entstandenen Teile weitgehend tragbar und sind sogar sexy und zugleich elegant. Darüber hinaus entsteht so auf vielschichtige Weise vielleicht auch ein Ansatz eines neuen Frauen-Bildes, auch wenn das gar nicht primär intendiert sein sollte.
In der Stimmigkeit des Ausdrucks dieser komplexen Anspruchsverbindung wird deutlich, worin das Zukunftspotential der Mode von Vanessa Schindler zu sehen ist und warum sie die große Aufmerksamkeit derjenigen erzielt hat, die kluge und überzeugende Innovation in der Bekleidung bei den Jungen suchen.
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