Diplom Schau Basel 2014
Text: Ann LaCroix & Boris Marberg
Bilder: Boris Marberg
„Doing fashion“ ist der Projekttitel, unter welchem uns die frischgebackenen Absolventen des Diplomstudiengangs Modedesign der Hochschule Basel jährlich ins Haus geschneit kommen. Nach mehreren Jahren der Abwesenheit sind wir wieder zu der Diplom-Modenschau in die Reithalle an der historischen Kaserne an den Rhein gekommen.
Neben Genf (Head) und Zürich ist Basel ein Studienort in der Schweiz, an welchem jährlich ein staatlicher Studiengang angeboten wird. So präsentierten an diesem (22.3.) lauen Frühjahrsabend 18 Absolventen ihre Entwürfe dem Publikum. Für die Veranstaltung waren Eintrittskarten öffentlich im freien Verkauf. Die Schau war in ein sehr stark visuell ausgelegtes Gesamtkonzept eingebettet. So wurde die Reithalle der historischen Kaserne Basel in Weiß getaucht. Das Publikum wurde um eine zentrale Fläche in der Mitte der Halle gruppiert und hatte weiße Stoffschützer über die eigene Schuhe zu stülpen. Auf dieser Fläche wurde eine ebenfalls weiße Podestinstallation, flankiert von aufgetürmten Fernsehbildschirmen, platziert. An der Decke wurde ein Raster aus duzenden Leuchtstoffröhren in vertikaler Ausrichtung als Grundbeleuchtung aufgehängt. Das kaltgrüne Neonlicht tauchte den Raum zusammen mit eingeflutetem Nebel in eine distanzierte, reduzierte und fröstelnde Stimmung. Als Grundkonzept hätte dieser Ansatz einen sehr guten und interessanten Rahmen für eine ansprechende, sachlich ausgerichtete Modenschau geboten. In Kontrast zu diesem dominanten Rahmenwerk stand dann allerdings die eigentliche Präsentation der Mode. Alle 18 Kernkollektionen wurden in einer gut eine Stunde dauernden Schau am Stück gezeigt, wobei jeder Absolventin und jedem Absolventen jeweils musikalisch eigenständige „Choreografie“ zugewiesen war. Gerade hier lag der Schwachpunkt des gewählten Konzepts. Bei vielen Schaufragmenten war es einem großen Teil des Publikums gar nicht möglich die Entwürfe komplett zu sehen. Gerade an den kurzen Flanken der Publikumsreihen konnte man oft nur einen wagen Blick auf die Silhouetten erhaschen und musste sich ansonsten bei fast der Hälfte der Looks mit der Rückenansicht zufrieden geben. Weiterhin war eine Teil der integrierten Präsentationen vom Publikum recht weit entfernt, oder im Rahmen der individualisierten Lichtschau in Dunkelheit oder knall buntem Licht untergegangen. Viele Choreografien führten zu wild im Raum umher gehenden, oder sich entgegenkommenden Modellen, was zum Abschluss in einem wilden, anfallartigen Herumgezappel bei der letzten Absolventin gipfelte. Von dieser Kollektion konnte man beim besten Willen nur die Farbwahl der jungen Designerin festhalten, für welche sich diese entschieden hatte – die eigentliche Mode ging fast völlig unter. Diese Gegebenheiten machte es leider unmöglich eine umfassende Bildberichterstattung aller Absolventen und Looks zu realisieren.
In Bezug auf die Designphilosophie, so wie wir jene von der HGK Basel in den Jahren kennengelernt haben, ist oft eine freie, wenn nicht losgelöste Interpretationen von den Grundfunktionen bei Bekleidung. Der Topos „Form folgt Funktion“, wir sehr oft durchbrochen und teilweise in freier, kreativer Ausarbeitung konterkariert. Tradierte Formensprache ist deshalb seit Jahren nur bei wenigen Absolventen in deren Werken sichtbar und zeitgenössische Bekleidung findet sich indes selten. Vielmehr wird aggressiv und expressionistisch mit Volumen und Materialmixen gespielt. Im Ergebnis führt dies oft zu einer Verneinung der Funktion von Bekleidung insgesamt. Interessanterweise stellen sich gerade jene Designer, die in Basel zeigten positiv in eine progressive Ausgangsposition, welche in freier Interpretation sich Männermode widmeten. Hier wird erfrischend oft die gesellschaftliche Uniformität von Bekleidung durchbrochen und der Schwerpunkt auf Darstellung der Individualität in einem gesellschaftlichen Zusammenhang gestellt, welcher zum Ausdruck bringt, dass der Herr, der diese Kleidung trägt keinen Konventionen (mehr) unterworfen ist – beziehungsweise dies zum Ausdruck bringen will. Man(n) trägt Mode, um zu zeigen, dass man sich nicht äußerlich einem Diktat unterwirft, welches sagt: „Ich (Subjekt) zeige durch meine Kleidung, dass ich (Objekt) arbeite um meinen Lebensunterhalt zu verdienen“. Hiermit wird ob bewusst, oder unbewusst die momentan laufende Diskussion zu anderen Interpretationsansätzen aufgegriffen, welche Barbara Vinken mit ihrem aktuellen Beitrag „Angezogen“ mit angestoßen hat.
Im Folgenden haben wir bei der Verschlagwortung der Bilder von der Schau bewusst darauf verzichtet, mit Bildunterschriften auf die Absolventen zu verweisen, oder direkt inhaltlich uns mit den Entwürfen im Konkreten auseinander zu setzen, den dies würde zum einen den Rahmen sprengen und zum anderen keiner fairen, ausgewogene Berichterstattung entsprechen. Vielmehr soll die rudimentäre Bebilderung dazu dienen einen emotionalen und ersten Eindruck über die Veranstaltung zu vermitteln – den bei aller Kritik und akademischer Auseinandersetzung bleibt auch festzuhalten, ein großer Teil des Publikums war gut unterhalten. Für einen weiteren Blick auf die Absolventen und Entwürfe erlauben wir uns auf die Dokumentation der Hochschule und des Projektes zu verweisen – hier.