Wo gibt es denn hier Möbel zu kaufen? Lviv – Ukraine.

Wo gibt es denn hier Möbel zu kaufen?

Text & Bilder: Zora Weber

Anfang Oktober besuchte ich die westukrainische Stadt Lemberg – in der Ortssprache kurz Lviv genannt. Seit 1998 sind die aus dem 16. und 17. Jahrhundert erhaltenen Häuser um den Marktplatz sowie die St. Georgskirche als Unesco Weltkulturerbe eingetragen. Neben der Besichtigung der Architektur wollte ich mein Augenmerk auch auf das landestypische Möbeldesign werfen. Hierzu ein kleiner Erfahrungsbericht. Beim ersten Gang durch die Innenstadt von Lviv überwiegt das Staunen über die erhaltene Bausubstanz. Auch beim zweiten Rundgang fällt zunächst nicht auf, was spätestens auf den dritten Blick zur unumstößlichen Tatsache heranreift: nirgends in der City von Lviv ist ein Möbelgeschäft zu sehen. Ungläubig fragend, wie das denn möglich sein kann, blieb ich zurück. Trotz zahlreicher Erkundigungen hat sich am Ende wirklich nur eines in der unmittelbaren Innenstadt gefunden, welches im gehobenen Segment angesiedelt ist. Neben einem Sanitärgeschäft findet sich erst im Übergang zur Peripherie ein weiteres Möbelgeschäft. Und das in einer Stadt, die fast eine Million Einwohner zählt. Die Frage nach den Hintergründen wurde eher größer, als dass sie sich in Wohlgefallen aufgelöst hätte. Deshalb führte ich zu diesem Thema einige Gespräche. Der Eindruck, den ich daraus gewonnen habe, ist nicht repräsentativ, hat es sich doch durchweg um Menschen aus der sog. Mittelschicht gehandelt. Dennoch entstand ein grober Überblick.

Allgemein scheint es so zu sein, dass all jene, die es sich leisten können, ihre Möbel über Kataloge bzw. im Internet bestellen oder sogar direkt ins Ausland reisen, um sie vor Ort zu kaufen. Gebracht werden sie mit Speditionen direkt vor die Haustür. Italienische Möbel liegen in der Beliebtheitsskala deutlich vorn. Ebenfalls gefragt sind Ikea-Möbel. Die nächsten Filialen befinden sich im benachbarten Polen. Es gab einen Versuch von Ikea sich in Lviv niederzulassen. Nachdem jedoch hohe Schmiergelder bezahlt werden sollten, ging der Konzern mit diesen Informationen an die Öffentlichkeit und zog sich zurück.

Wer sich nicht leisten kann im Ausland oder über Kataloge zu kaufen, ist stark bedarfsorientiert, d.h. die Funktion steht eindeutig im Vordergrund. Design, Marke oder Herstellungsverfahren sind nicht von Interesse. Anscheinend gibt es außer lokalen Schreinereien keine nennenswerte Möbelproduktion vor Ort. Und auch für die Schreinereien fehlen Vertriebsstrukturen, um über die örtliche Auftragsarbeit hinausgehend Möbel zu vermarkten. Versuche, solche Strukturen aufzubauen gibt es. So habe ich z.B. in einem Außenbezirk eine Art Möbelmall besucht. In einem zweigeschossigen Gebäude finden sich große Hallen mit jeweils unzähligen kleinen Möbelgeschäften, deren Angebot sehr begrenzt ist. Das Ganze hatte meiner Ansicht nach Messecharakter. Immerhin bietet sich dadurch für Zwischenhändler die Gelegenheit, einen Absatzmarkt aufzubauen, für Kunden der Vorteil, nicht mehr nur aus Katalogen bestellen oder ins Ausland fahren zu müssen, um an Möbel zu kommen, sondern direkte Ansprechpartner zu haben oder Möbel anfassen sowie Probe sitzen zu können. Da in der überwiegenden Mehrheit ausländische Designmarken angeboten werden, wäre dies also tatsächlich möglich. Nur – die Realität sieht anders aus. Kunden waren weit und breit nicht zu sehen, was einen fahlen Geschmack hinterlässt. Ob es solch eine Möbelhalle in ein paar Jahren noch gibt? Das dürfte wesentlich von der wirtschaftlichen Situation des Landes abhängen.

Des Weiteren fanden sich in Außenbezirken Geschäfte, die auf kleinster Fläche ein Sortiment anbieten, welches an unsere Baumärkte erinnert, sozusagen Tante – Emma – Läden für Innenausstattung, gar nicht unsympathisch.

Auch mit der Lviv Furniture Fair finden sich Ansätze, das Thema Möbeldesign auf den Tisch zu bringen. Leider war die diesjährige im September wohl recht klein und qualitativ schlecht. Immerhin findet sich die Bereitschaft, eine Messe zu organisieren.

Sicherlich hätte es noch viele interessante Aspekte zu erfragen gegeben. Zum Teil scheiterten die Gespräche an der Sprachbarriere, zum Teil an der Angst vor möglicher Konkurrenz im Möbelverkauf. Und natürlich war irgendwann die Zeit des Aufenthaltes in Lviv abgelaufen. Es hieß Abschiednehmen von dieser Stadt, an der ich so schnell und leicht Gefallen gefunden habe.

 

Wo gibt es denn hier Möbel zu kaufen? Lviv - Ukraine.

Wo gibt es denn hier Möbel zu kaufen? Lviv - Ukraine.

Wo gibt es denn hier Möbel zu kaufen? Lviv - Ukraine.

Wo gibt es denn hier Möbel zu kaufen? Lviv - Ukraine.

Wo gibt es denn hier Möbel zu kaufen? Lviv - Ukraine.