Meerestiefe in der Ukraine
Text & Bilder: Boris Marberg
Der Kiewer Modeschaffende Fedor Vozianov zeigte auf der regionalen Fashion Week in Lviv seine kommende Sommerkollektion 2018. Die Modenschau fand im nicht genutzten Teil des Terminal des Flughafens der westukrainischen Metropole Lviv statt. Es ist nicht das erste Mal, dass Vozianov seine Kollektion auch dem Fachpublikum hier zeigt. Stets strahlt Fedor Vozianov eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit aus, die sich bereits vor der Schau im Backstage-Bereich bei den Vorbereitungen zeigt und die gesamte Schau trägt und sich auch in der Konzeption der Kollektion wiederspiegelt. Die anstehende Sommerkollektion hat er mit dem Namen “Pretending a sea” (“Імітація моря”) benannt. Der Name der Kollektion soll dabei nicht zwingend sinnstiftend im Visuelle inspirativ zum Ausdruck kommen, sondern viel mehr als inhärentes Konzept des Schaffens an sich stehen – Tiefe, Rauheit, Stille, Geruch – Eigenschaften, die auch haptisch erfasst werden können.
Visuell zeigen sich dann mit dem Meer assoziierbare Formen in den Strukturen der Kleider, der Linienführung und teilweise auch in den Volumen, wenn man weitläufig für die Betrachtung die Riffellungen von Muscheln und anderen Krustentieren ebenso heranzieht, wie das weiche Schwingen von pastellfarbenen Quallen die in Wellen hin und her driften. Farblich bleibt die Kollektion begrenzt, mit einzelnen lauteren Anschlägen in der Klaviatur der Farbpalette und den Mustern. Leicht fallende Kleidchen mit einer oft transparenten, oberen Schicht fließen nach unten locker aus und zeichnen sich durch eine luftige Dynamik aus. Den Gegenpol bilden harte Formen – teilweise in Schwarz und Blau – die weiterhin sich an stringenten Formkonzepten, bis hin zu Anlehnungen an platonische Körper, ohne aber diese Volumen aufzunehmen. Interessant ist dabei, sich zu vergegenwärtigen, dass sich Fedor Vozianov in der Vergangenheit formgebend intensiv mit dem Suprematismus auseinandergesetzt hat und bei einigen Installationen und Performances in den vergangenen Jahren mitwirkte und die Kostüme kreierte. Die Konzeptionelle Durchdringung wirkt sich auch auf die Schau an sich aus. Auch wenn der Flughafenterminal in Lviv visuell keinerlei Charme zu vermitteln mag, fast schon eine abweisende Ästhetik vermittelt und rein als Örtlichkeit funktionellen Erwägungen geschuldet ist, bildet sich eine Rahmen für die Schau in Details, wie dass die Modelle zum Abschluss barfuß defilierten.