Text: Boris Marberg
Bilder: Wolfgang Wöhrle
VERSACE UOMO SS11 – Mailand
Mit einem gewollten Rückgriff auf die Bilder von Bruce Weber, wie verlautet wurde wirkt die in Mailand präsentierte Kollektion sehr ambivalent und jugendlicher als die aktuelle Kollektion SS10.
In der Analyse ist die Kollektion gefällig aber sehr schwer einzuordnen. Die Linienführung ist klar strukturiert und üppig mit kräftigen und lauten Kontrasten angereichert, die aber teilweise auch wirr wirken. Viele kleine Brüche und Linien, die aber auch keine deutlichen Unterbrechungen bieten prägen sehr viele Looks. Dazu ist die Farbpalette auf das wesentliche reduziert. Schwarz, Weiss und Grautöne dominieren und nur selten schleicht sich ein anderer Ton ein um die Kollektion aufzuwärmen. Franzen und vertikale Linien bilden die Hauptmerkmale. Das ikonografische, was in den Bildern von Weber aus den 80er oft gesehen wird, finden wir nicht. Vielmehr sind Anspielungen an die 1950er und 60er bei den Franzen und auch insgesamt bei den Schnitten der Jacken zum Beispiel zu finden. Die Hosen sind eng, und auch für Männer sehr figurbetont, mit sportlichem Unterton. Man kommt nicht umher an „Punkt und Linie zu Fläche“ von Kandinsky zu denken, wenn man die Outfits im Design auf das wesentliche in der Betrachtung reduziert. Bildnerische Elemente finden sich ebenfalls an den passenden Schuhen, mit gefälligen Schäften, Flächen und Applikationen, zum Beispiel bei den Schnallen oder den Verschlüssen. Der ebenfalls präsentierte Schmuck ist sehr opulent auch in der Grösse, überwiegend grobgliedrig und in Silber und blankem Metal.
Härte und Kühle werden hierdurch in der Gesamtschau noch unterstrichen. Die gesamte Handschrift und Linienführung spiegelt sich auch gekonnt in der Gesamtinszenierung und in der Raumgestaltung. Nein, kein Schachbrett bildet den Untergrund der Kollektion, dafür eine wilde unterbrochene und teilweise auch etwas schiefe Rasterung. Mit viel Phantasie kann man darin Anlehnungen an Keilschriften erkenne, die rhythmische Reihungen vermitteln. Rhythmus in der Mode? Sicher, wenn man sich von klassischen Begriffen und Definitionen zu lösen vermag, wie Kandinsky. Wenn man dies auf die gezeigte Kollektion überträgt wirkt diese sehr maskulin und mit starkem Drang nach vorne – Präsenz pur, eine Facette, die man beim ersten Blick auf die Bilder der Outfits vielleicht gar nicht erkennt – und hier schliesst sich vielleicht doch der Kreis zu Bruce Weber der als Inspiration diente. Drang und Präsent, mit deutlich Männlichem. Jünger als zuvor aber sehr einprägsam. Das macht uns natürlich umso neugieriger, was wir im September dann für die Damen zu sehen bekommen werden!