Tranoï und das langsame Wiedererwachen der PFW

Tranoï und das langsame Wiedererwachen der PFW

Paris Fashionweek ss2022, Tranoï 2021

 

Text und Bilder: Gerhard Paproth

 

Der große Effekt ist in Paris eher ausgeblieben, obwohl die Modewelt darauf spekulierte, mit authentischen Liveshows wieder in dem Mittelpunkt zu rücken. Die Einbußen in diesem Sinne waren ja beträchtlich gewesen, mit den pandemiebedingten Reiseverboten, reduzierter Publikumsbesetzung bei Liveshows und weniger spektakulären Digitalpräsentationen der letzten Saisons. Ersteres hatte besonders die asiatischen Labels betroffen, die aber jetzt noch nicht in voller Präsenz wieder in die Modehauptstadt angereist sind. Immerhin waren die Starts großer Labels wie zum Beispiel Dior (Grazia Chiuri) farbenfroh ausgerichtet, mit Rückgriffen auf sonniges Italien der 60er und lockerer Freiheit der Frauenmode. Ähnlich bei Yves Saint Laurent mit einem Rekurs auf die Ära Paloma Picasso. Dieser Esprit konnte die Szene schon etwas auffrischen, aber echt Neues kam nach unserer Beobachtung ansonsten nicht spektakulär daher.
Im Gegenteil, statt der üblichen Sternstunden auf den Laufstegen wurde sogar die Newcomerin mit den tiefgelegten Ansprüchen, Marine Serre, zum Beispiel in Le Monde besonders herausgestellt, mit einem Konzept um einfaches Kochen und Essen herum, simpel und anspruchslos, stattdessen ökobewußt überfrachtet.

Etwas interessanter erschien uns das Stöbern auf der Trade Show Tranoï Paris Women’s September 2021, die aber diese Saison auch noch sehr geschrumpft daher kam, zwei Räume im Palais de Tokyo statt wie früher zwei ganze Gebäude. Zehn Labels wurden von der Fédération de la Haute Couture et de la Mode beigesteuert, etwa 50 waren insgesamt präsent. Die eigene Präsentation der Fédération entfiel mit dem Zusammenschluss der beiden Newcomerformate dieses Jahr.

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Ein paar neue Labels fielen uns besonders auf, die hier noch keine Erwähnung fanden. Besonders KARIMA, ein griechisches Label von Kalliopi Karavassili, das sich auf reine Handarbeitsstücke spezialisiert, aus edlen Materialien wie Seide aus Soufli. Jedes Einzelstück ist ein kreatives Unikat, alle feiern elegante Sexyness und komplizierte Knüpftechniken – verbunden mit einem Hauch von Folklore. Wenn die Sachen über andere Kleidung getragen werden, also eher ohne den starken sexy Impact, teilt sich das kreative und handwerklich raffinierte Konzept noch immer mit.

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Überraschend sexy tritt auch die Kollektion von IHAB JIRYIS auf, wenn man bedenkt, dass der Designer in  Nord-Palästina arbeitet. Seine elegante Kollektion mit avantgardistischem Touch wurde letztes Jahr bereits auf der Arab Fashionweek gefeiert. Mit diversen Abschlüssen im Modedesign blickt er auf eine sehr fundierte Ausbildung zurück und focussiert sich auf Abendmode und exquisite Couture-Kleider.

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LEAFY Natural Couture ist ein Label, das sich seit 2008 mit einem sozialen Projekt in Brasilien verbindet. Die Teile der Kollektion werden von Müttern, die in kleinen Fischerdörfern in Südbrasilien leben, sorgfältig aus handgesponnenem Seidengarn handgefertigt und mit organischen Pigmenten (wie Matekraut, Eukalyptusfasern, Kaffee und Urucum) gefärbt – damit soll die Kultur der traditionellen Handwebtechniken gefördert und bewahrt werden. In Verbindung mit sehr kreativem und zeitgenössischem Design ist diese Kollektion von bestechender Schönheit.

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Bei der steten Recherche nach neuen Technologien und Kunsthandwerk ist die Designerin des Labels ARMINE OHANYAN PARIS auf den Künstler Kiichiro Ogawa gestoßen und hat mit ihm ein fantastisches Projekt (Collection No Season III – Edition limitée) für Hosen, Shirts Jacken und Mänteln kreiert, dazu Kleider: dynamische Grafik auf strenge Schnitte beziehungsweise Silhouetten in Beige wachsen zu einer tollen Kollektion zusammen. Außerdem ein Segment (hier nicht gezeigt) bestehend aus grauen und taubenblauen Stücken ähnlicher Formen, aus denen aber Reihen aus Rechtecken herausgestanzt sind. Insbesondere der erste Teil besticht durch seinen Kontrast der freien Bewegung und der streng beherrschten und reduzierten Form und der Farben Beige mit Schwarz in der eindeutig japanischen Charakteristik.

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Das Label ZILLA aus Bolzano, Italien, entwirft knittrige oder flauschige Taschen von eigenartig elegantem Reiz. Die Oberflächen sind oft auffällig, leuchtend, manchmal sogar irisierend. Besonders die Futter sind so ausgelegt, um das Auffinden der Inhalte zu erleichtern. Die Designerin Sylvia Pichler liebt pragmatische Anliegen für die Nutzung, Verwandelbarkeit und haptische Qualität. Laminiertes Leder oder Nylon sind häufig genutzte Materialien. Einige weitere kleine Accessoires wie eine Handytasche, ein Schlüsselanhänger, ein Schlüsseletikett und ein Hut wurden dieser Saison hinzugefügt, um die Kollektion zu vervollständigen.

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Der Abschnitt „Designer Collection“ präsentiert je ein Stück der von der Fédération de la Haute Couture et de la Mode („designed by Alkeon“) ausgewählten Designer:

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AVEC LE VENT:

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THE STOLEN GARMENT:

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ENFIN:

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INGOROKVA:

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OQLIQ:

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TATA CHRISTIANE:

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Für den März des kommenden Jahres hoffen wir dann wieder auf ein breiter gefächertes Angebot der Trade-Show, die – das ist der Vorteil zu den gebotenen Laufstegschauen – mehr Geheimtipps vereinigt, als das sensationsheischende Hauptprogramm. Wenn auch nicht so exclusiv und so exquisit und für uns bildmäßig nicht so exzellent.

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