Berlin Fashion Week AW2025 – Halle am Berghain
Bilder: Andreas Hofrichter
Text: Gerhard Paproth
In Sachen Streetstyle hatte das Label SF1OG schon zuvor die ausgeprägte Exzentik verlassen und das erweist sich auch bei der aktuellen Kollektion als sehr vorteilhaft, denn die letztlich europäische Prägung kommt ästhetisch geschmackvoller daher, schon allein bei der Auswahl der Materialien ist das ersichtlich. Natürlich zielt SF1OG noch immer auf die junge Generation, zunehmend aber etwas klüger oder erwachsener in der gestalterischen Haltung. Die Kollektion ist gemäßigter in der Konfrontation, setzt aber immer noch auf unkonventionelle Sichten auf Kleidungsstücke, auf veränderte Schnitte und Arrangements.
Die sind meistens nicht mehr ausladend oversized sondern eher körpernah und etwas strenger als zuvor. Mit Kappen, Kunstpelzkrägen und dünnen Gurten, Knopfordnung oder großen aber unaufdringlichen Typoprints werden die Outfits etwas akzentuiert, ansonsten ist das meiste eher schlicht und dennoch durchgestaltet. Thematisch werden bei der Kollektion hie und da – bei Jacken und Mänteln – Inspirationen von historischen Uniform-Optiken erkennbar, aber auch das bleibt, wie diverse andere Codes, nur angedeutet. Im Zentrum steht die Leitidee, individuelle Prägungen für alltägliche Kleidung im urbanen Kontext zu finden, Variationen vom Klassischen und Üblichen zu erproben bis eine neue, eigene Ausführung gefunden ist. Äußerlich ergibt sich daraus nicht unbedingt ein geradliniger SF1OG-Stil, erkennbar ist eher eine gewisse Art, Kleidungsstücke mit verschiedenen Ansätzen umzudenken, ohne funktionale Einbußen hinnehmen zu müssen oder Geschmacksvergewaltigungen zu betreiben. Verschlüsse, Elemente und manchmal auch Formgebungen werden neu befragt, gedacht und ausprobiert, ohne wirklich etwas revolutionieren zu wollen. Dabei entstehen reizvolle Alternativen zur Konvention.
Dies leicht verändernde Denken des Bekannten, umgesetzt in Gestaltphilosophie, macht die SF1OG-Mode wirklich interessant für den mode“bewußten“ Auftritt im Alltag. Und dafür sind fast alle Teile problemlos kombinierbar, nicht nur untereinander, sondern mit dem was man schon hat. Die unbunte Farbgebung und die zwar eigene aber unaufdringliche Gestaltgebung machen diese Kleidung sehr alltagstauglich und zugleich besonders.
Wenn Streetstyle grundsätzlich diesem gestalterischen Durchdenken folgte, würde vieles besser.