Schumacher AW2011
Text: Boris Marberg
Bilder: Boris Marberg
L’amour sacre – l’amour profane. Gleich vorab, eine Muse Bianca Jagger, angesehenes Model in den 1970er als Inspiration sehen wir in der in Berlin vorgestellten Kollektion von Dorothee Schumacher nicht. Dafür ist die Kollektion, auch in der Präsentation zu filigran und hat unterschwellig zu sehr einen ikonisierenden Einschlag den wir analog zu den Präraffaeliten in der Malerei sehen, zum Beispiel in der Gestalt einer Lady Godiva von John Collier. Der formalen Ästhetik neueren Verständnisses von Design tut dies indes keinen Abbruch und schmälert nicht die visuelle Ausdruckskraft der Kollektion. Den Trend, den wir auch in anderen Kollektionen gesehen haben, die Volumen insb. Im Schulterbereich durch Fell- oder Wolloptiken zu verstärken finden wir auch hier. Gleiches gilt für den zarten Rückgriff auf eine warme, weiche Farbpalette in Naturtönen. Allerdings gelingt es der Designerin hier laute und kräftige Kontraste zu setzen und hierdurch eine angenehme Spannung in die Kollektion zu bringen.
Besonders gut hat uns das Zugeständnis gefallen, zu eleganten Kleidern und filigranen Silhouetten bei den Schuhen auf eine sehr weite Palette von Spielarten zurückgreifen zu können. Neben feinen Ballerinas sieht Schumacher die Frau im kommenden Herbst / Winter auch in aggressiven und praktischen schwarzen Arbeitsstiefeln. Dazu passend lässige Hüte im 1970er Look, knallige Mützen und überlange Schals. Bei den knielangen Röcken konnte in der Oberflächenstruktur Lackoptiken überzeugen und bilden auch im Material gute Kontraste, welche die Kombinationsfähigkeit der Einzelstücke unterstreicht. Bei den übrigen Oberflächen wurde leider auf klassische Muster und Formen zurückgegriffen und nicht konsequent der Bruch vollzogen, der eigentlich mit dem konstruktiven Ansatz des Designs der Kollektion einhergehen würde. Insgesamt schließt die Winterkollektion AW11 ohne zu massive Brüche an die Sommerkollektion 2011 an, was sicher den Käuferinnen gefallen wird, was sich auch in der gewählten Präsentationsart und –optik niedergeschlagen hat. Die Sichtbetonoptik als Rahmen für diese und auch die Schau SS11 passen um den Kreis zu schließen eben doch besser zu einem konstruktivistischen, femininen Designansatz, als zu Bianca Jagger in den 70er.