Rebekka Ruétz: hemmungslos gegensätzlich

Rebekka Ruétz: hemmungslos gegensätzlich

Berlin Fashion Week aw2019, E-Werk

 

Bilder: Andreas Hofrichter
Text: Gerhard Paproth

 

„Come as you are“ war der Titel der Kollektion von Rebekka Ruétz und der Start der Schau mit großformatigem Leoprint auf Orange rückt den gedachten Besucher mit optischer Wucht gleich ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Weitere optisch offensive Effekte gesellen sich dann in der weiteren Schau hinzu, besonders Silber, Glitzer und Glimmer sind hervorstechende Merkmale der Kollektion, die auf diese Weise dem sonstigen Streetwear- und Prêt-à-Porter-Konzept neben der Auffälligkeit auch einen futuristischen Aspekt auf den Weg gibt. Aber das ist nur eine flüchtige Assoziation. Die silbernen Flächen auf kräftigen Kunststoffen erinnern zwar sehr an Gestaltungen der 70er und 80er Jahre, das verblasst aber in der Kombinationen mit klassischen Mustern und Textilien, zum Beispiel Folkloreornamente, Kleinkariertes, Op-Art und viele Varianten mehr. Dieser unerschöpfliche Fundus des Bekannten (inklusive für manche Generationen despektierlich Vergessenenes wie z.B. Spießer-Opas weiße Sport-Socken) als Kontrast-Arrangement evoziert geradezu das Unmögliche und hält zugleich auch provokativ das Unerträgliche bereit, soweit klassische Geschmacksästhetiken innere Maßstäbe bilden und die Erscheinungen noch konnotativ bzw. als gesellschaftliche Zeichen besetzt sind.

Aber das sind sie ja allgemein eher nicht mehr beziehungsweise sollen es nicht mehr sein – jedenfalls nicht ernsthaft. Modegeschichte ist ein Kessel Buntes. Der Spaß am Vorgefundenen, die Hemmungslosigkeit der Wiederentdeckung und die Verwendung im kontrastierenden Patchwork räumt mit Verbindlichkeiten auf, schafft Besonderes und ist nun selbst Zeichen der Gegenwart. Die überraschenden, unvereinbaren Gegensätze bestimmen Rebekka Ruétz’ Kollektion noch prägnanter als in den vorangegangenen Saisons. Es wird nicht nur Vorgefundenes scheinbar beliebig verknüpft sondern Widersprüchliches gesucht.

Verbunden bleibt die Designerin nach wie vor der sprachlichen Parole. Die Verkürzung von Inhalten auf Schlagworte, wie bei Hashtags, suggeriert spezifische Haltung, auch wenn das eigentlich verkürzter Populismus ist. Auf Bänder geprintet erscheinen sie nun bei fast allen Teilen – zwei modische Aperçus zusammengefasst.

Man kann die provokativen Auftritte der Protagonisten mit Rebekka Ruétz-Mode durchaus als einen emanzipierenden Akt zeitgenössischen Kampfes mit dem Herkömmlichen verstehen. Die Befreiung von Hemmungen durch die Konnotationen der Textilien und Muster und von gewohnten Kontexten schafft ein wunderbares, freies Feld der Möglichkeiten. Die Schnitte, die sich ebenfalls von ästhetischen Normen verabschieden, lehnen sich zwar noch gefühlsmäßig an sensuale Wahrnehmungsmuster an, wagen innerhalb derer aber auch neue Experimente. Auf dem Terrain agiert Rebekka Ruétz.

Gezieltes Interesse hat die junge Modedesignerin nach wie vor an Streetwear, denn damit wird das Statement der persönlichen Positionierung öffentlich gesetzt. Und mit ihren Entwürfen liegt sie sicher ganz vorn mit dem, was man als jugendliche Haltung in den öffentlichen Raum tragen kann. Offensiv, respektlos, impulsiv und laut. Diese Charakteristika sind in der Geschichte der Jugendkultur zwar nichts Neues, haben letztlich aber auch immer schon Spaß gemacht. Sie haben auch immer neue Gestaltungsformen gefunden (rückblickend nicht selten scheußlich, siehe oben) und konnten damit manchmal auch Innovationen anstoßen. Welches nachhaltige Potential zu zukunftsträchtigen Perspektiven bei Rebekka Ruétz’ Kollektionen enthalten sind, wird abzuwarten bleiben – gegenwärtig geht es um den Spaß.

 

 

Rebekka Ruétz: hemmungslos gegensätzlich

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