Berlin Fashion Week SS2025 – Lobe Block
Text & Bilder: Boris Marberg
Trauer und Schmerz haben den Entstehungsprozess der neuen Kollektion des Ukrainers Mitya Hontarenko geprägt. Die Stadt Berlin wurde dem Designer mittlerweile zu einem vertrauten Zuhause, auch wenn die Gedanken oft vom Krieg in der Heimat geprägt sind. Es ist das zweite Mal, dass das 2021 gegründete Label seine Arbeit im Rahmen der Modewoche in Berlin präsentierte.
Stilistisch kommt die Kollektion zunächst sportlich, erfrischend peppig und urban daher. Die Looks wirken frech und kokettieren gut mit dem Credo Upcycling, einem der Fundamente der Marke. So bunt wie zuletzt ist die Farbpalette nicht mehr, sie ist ernster, gedeckter und reifer, spiegelt eine Bedrücktheit wider, die authentisch nachvollziehbar ist aber auch trotzige Töne hat.
Es gibt viele gedankliche Bezüge zum Krieg. Kompressionsanzüge lehnen sich an funktionelle militärische Kleidung an. Oberflächen werden aufgebrochen und mit reliefartigen Strukturen versehen. Fransen setzen Akzente und lockern die Silhouetten auf. Fast bockig wird neben Lebendigkeit auch die Wehrhaftigkeit gestellt, die aber auch offen ist für Verletzungen, die sichtlich gezeigt werden. Zwei der präsentierenden Protagonisten gehen mit Beinprothesen über den Laufsteg. Banner werden präsentiert. Das Statement ist klar: Russland ist ein Terrorstaat. Für Außenstehende sind solche ästhetischen Formulierungen in der Mode bedrückend und erscheinen in der hippen Stadt, die sich gerne feiert, befremdend, wenn auch nicht mehr so sehr wie zu Beginn 2022. Der 1. Juli ist Tag 859 des Krieges, der Zerstörung und des Leides. Kunst, Kreativität und Mode stellen sich dem hier entgegen.
Das Reha-Zentrum „Unbroken“ in Lwiw wird in den Nachrichten immer mal wieder thematisiert. Versehrung wird zusehend diese Gesellschaft prägen. Dies wird in dieser Kollektion auf verschiedene Weise angesprochen. Man erinnert sich an Kunst der 1920er Jahre in Deutschland, wo diese Thematik vielfach aufgegriffen wurde – zum Beispiel im Dadaismus.
In welche Richtung sich Mitya Hontarenko stilistisch entwickeln wird, wird sich noch zeigen. Die Herausforderungen sind gesellschaftlich groß und werden Ausdauer abverlangen. Man lebt!