Melisa Minca SS24 – In Recovery

Melisa Minca SS24 – In Recovery

Berlin Fashion Week SS2024 – die Platte.Berlin, Memhardstrasse

Bilder: Andreas Hofrichter

Text: Gerhard Paproth

 

Angefangen als subkulturelle, aber berlinerische Veranstaltung, wo Anarchie zu Organisation und Erscheinungsbild das Wesen einer quasi gegenkulturellen Positionierung ausmachte, erweist sich das Konzept die PLATTE.Berlin seit wenigen Saisons als zunehmend erfolgreich.

Der Innenhof der Adresse als typischer Ort der öden berliner Plattenbauten mit seinem optischen, anarchisch aufgemotzten Erscheinungsbild war schon Location der ersten Platte-Veranstaltung und ist auch dieses Mal das kongeniale Locationkonzept. Ausserdem können sich die Veranstalter auch darauf verlassen, dass sich ein Großteil des Publikums dem subkulturellen Style angepasst hat und damit quasi der Schritt in die „Öffentlichkeit“ markiert ist. Und die verbleibenden Gegensätze stellen die Merkmale umso besser heraus. Als Veranstaltung im taghellen Freien ist es leicht, das Publikum in die Schau einzubinden, optisch, und das geniesst solche Situationen sehr: so ungewöhnlich und exzentrisch die Modebekleidung auf dem Laufsteg auch ausfällt, sieht man, dass das Publikum den Spass nicht nur im Zuschauen hat, sondern auch im Selbsttragen und im gegenseitigen Bewundern.

Dass die Wahl auf die Designerin Melisa Minca aus dem Platte-Kollektiv für eine ganze Schau fiel, folgte dem Gewinn des vorangegangenen, neuen Platte Award, der anhand der Prinzipen von Platte-Mode (Inklusion, Nachhaltigkeit, Innovation und Transparenz) vergeben wurde. Und wem es zu verdanken ist, dass die Platte überhaupt im offiziellen Programm erscheinen darf, auch letzte Saison schon, wissen wir nicht, vermutlich war dem Hauptsponsor Mercedes Benz die Subkultur kein imagefördernder Partner.

Melisa Mincas (Label 2018 gegründet) Konzept beruht im Wesentlichen auf Textilupcycling, stets sehr originell kombinierend, improvisierend und zugleich der gesellschaftspolitischen Haltung konsequent verpflichtet. Dass das Spielerische und auch Lustvolle den Ernst der politischen Positionierung weitgehend überdecken kann, ohne sie zu mindern, folgt natürlich auch dem gleichzeitigen  hedonistischen Anspruch. Das „eigentlich Nichttragbare“ wird zum Teil des spassorientierten Kontexts. Niemand ist verpflichtet alles trocken ernst zu nehmen und auch die Designerin nicht, alles ernst zu meinen. Neben dem Spass bleiben auch die plakativen politischen Statements quasi im Raum stehen. Von der handwerklichen Verarbeitung wird gefordert, dass sie solide, sorgfältig herstellt und nichts improvisiert, aber eben keine besonders hohe Schneiderkunst. Deutlich wird aber auch, dass der ästhetische Anspruch bei der Platte höher gehängt wird, als das in den ersten Saisons der Fall war, auch das ein Fortschritt.
Das romantische Schuhwerk wurde übrigens von merrfer unter Verwendung von Upcycled- und Deadstock-Materialien bereitgestellt.

Wie auch die Kleidungsstücke Unikate sind, so werden auch die vorführenden Modelle explizit individuell vorgeführt, mit der Schminke, den Frisuren, Tattoos, Ethnien und Körpern. Everybody United.

Wir schrieben es schon zuvor, in London sind diese Trends schon lange zu beobachten, hundertprozentig läßt sich also nicht sagen, dass Berlin in dieser Hinsicht nun etwas wirklich Neues geboren hätte. Aber es ist in mancher Hinsicht dann doch berlinerisch, umso mehr, als keine andere deutsche Stadt seine Subkultur so liebt und sich für ihr Selbstverständnis zu eigen macht. Und dass weitere Programmierungen aus der Szene in der aktuellen Fashionweek den Trend unterstreichen, bestätigt dieses Selbstverständnis endlich in gerechter Weise.

Grundsätzlich ist natürlich eine Provokation gegenüber dem klassischen Modeverständnis damit offiziell, darüber kann man vielleicht streiten oder die Nase rümpfen. Mit Punk hatten wir das ja ähnlich. Unbedingt überzeugend ist schon mal in jedem Fall, dass der Spass daran ein entscheidendes Kriterium ist und es auch ganz unkompliziert ist, den mit gesellschaftspolitischen Überzeugungen zu hinterlegen.

Gerade das ist eine besondere Erkenntnis, die die Platte.Berlin schon an sich besonders ehrt.

 

Melisa Minca SS24 - In Recovery

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* Schreibfehler im Namen nachträglich geändert. Pardon! (Red.)