Marina Hoermanseder AW14

Marina Hoermanseder – Fashionweek Berlin AW2014

Fotos: Andreas Hofrichter (Stage), Marcello Rubini (Backstage)

Text: Gerhard Paproth

Der große Erfolg der Schau von Marina Hoermanseder auf der Berliner Fashionweek ist nicht nur den allseits kolportierten Informationen betreffend Bestellungen von Lady Gaga und Peaches etc. zu verdanken, auch wenn die Presse dies gerne betont, sondern vor allem dem einfachen, stets unterschätzten Umstand, dass hier Fantasie, Gespür und handwerklicher Anspruch zu Ergebnissen kommt, die bei kommerziell interessierten Designern und betriebsblinden Gestaltern kaum noch zu erwarten sind, die aber das Publikum auf einer sich innovativ generierenden Veranstaltung sehnlichst erhofft.

Erst ein halbes Jahr zuvor hatte die Wienerin ihren erfolgreichen Abschluss bei der Esmod Berlin hingelegt, da ist der kreativ-innovative Umgang mit Modegestaltung noch nicht von kommerziellen Erfolgsinteressen überlagert. Insofern überrascht der exzentrische Ansatz mitnichten. Darüber hinaus ist Marina Hoermanseder schnell und grundsolide. In kürzester Zeit hat sie die verarbeitungsaufwändige Kollektion in eigener Handarbeit auf die Beine gestellt und sich quasi nebenbei noch um die Labelgründung gekümmert.

Die Faszination handwerklicher Perfektion als ästhetisches Prinzip trägt die Kollektion in nicht unerheblichem Maße, sie gibt den ungewöhnlichen Stücken ihre grundlegende, auch ästhetische Wertigkeit. Aus dem Kontext orthopädischer Artikel des 19. Jahrhunderts leitete die junge Modeschülerin ihre Inspiration und Begeisterung für kraftvolle Materialien und Verwendungsmöglichkeiten am menschlichen Körper ab und entwickelte daraus eine ganz eigenständige Erscheinungs-Ästhetik, die sich weitgehend von klassischen orthopädischen Zielen emanzipiert. Aber sie negiert diese Ziele auch nicht. Einige Teile stehen auch im Dienst der Körperhaltung und Körpergestaltung, z.B. jede vorhandene Brustform wird mit dem Lederkorsett auf ein Ideal getrimmt, aufrechte und stolze Haltungen werden forciert.

Natürlich ist auch der Zeitgeist mit Bondage und Fetisch nicht an den gestalterischen Möglichkeiten vorüber gegangen und diese Einflüsse tragen erheblich dazu bei, dem Zugang zu den Stücken eine Brücke zu schlagen. Aber Marina Hoermanseder betont stets, dass hier nicht der leitende Ansatz ihrer Gestaltung zu finden ist und räumt damit schon im Vorhinein mögliche, ästhetisch einseitige Zeitgeist-Fokussierungen aus dem Wege. Gleichwohl bedeutet dies nicht, dass der erotische Fetischcharakter außen vor geblieben wäre (das Verruchte schätzt Hoermanseder durchaus), vielmehr ist er selbstverständlicher Bestandteil der Gesamtvorstellung, ohne dass besonderes Aufhebens um ihn gemacht werden müsste. Fetisch ist damit nicht Thema, sondern zugehörig.

Die konsequente Hingabe an die Materialien, besonders festes Leder, das es zu beherrschen gilt, prägt die Kollektion. Aus ihr erwächst auch alles Weitere: die differenzierende Feinarbeit, die kontrastierend zarten Stoffe, die schwierige Farbgebung (eben nicht zwangsläufig schwarz), die plastische Gestalt, der Nimbus des Erotischen. Handwerkliche Souveränität, Leidenschaft und Abenteuerlust sind die Triebfeder des Schaffens und das Ergebnis wurde eine delikate Kollektion für höchste Ansprüche. Und genau darin liegt auch ein Aspekt dessen, was innovative Fashion aus Berlin bedeuten kann, auch wenn Marina Hoermanseder mit französisch-österreichischem Background dafür nicht die originäre Persönlichkeit ist. Ihr Charme und ihre Bescheidenheit sind zweifellos unberlinerisch, ihre mutige Kollektion korrespondiert aber durchaus mit dem, was man noch mit Berliner Subkultur assoziieren darf. Auf hohem Level allerdings.

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 Backstage

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