Berlin Fashion Week SS2025 – Manifesto
Text & Bilder: Boris Marberg für BFW
Im Rahmen der Berliner Modewoche präsentierte die Belgrader Designerin Maria Chany eine wilde und futuristische Kollektion im Manifesto am Potsdamer Platz.
Unbefangen die Schau betrachtend und sich mit den bisherigen Kollektionen auseinandersetzend springt einem gleich eine stilistische Anlehnung an die 1930er Comicstrips von Alex Raymond „Flash Gordon“ mit seinen Protagonisten und deren Kostümen ins Auge, welche über die Jahrzehnte einen typischen Stil bis weit in die 1980er Jahre herausgebildet haben und in diversen Fernsehserien und Filmen fast bizarr-humoristisch den Kampf zwischen Gut und Böse um die individuelle Freiheit thematisierten. Die Designerin greift durchgängig bei ihren Kollektionen auf eine fantastische, futuristisch utopische Auseinandersetzung mit dem Weltraum zurück, um sich in ihrem kreativen Raum auszudrücken. Dabei unterstreicht sie, dass sie sich von irdischen Zwängen und Konventionen löst und mit ihren Kreationen den Kunden ein Ausdrucksmittel in die Hand geben will, sich selbst unbefangen, spielerisch und individuell zu zeigen. Jede ihrer bisherigen Kollektion bettet dabei ein Thema ein, welches sich mit einer aktuellen globalen Herausforderung auseinandersetzt. Sei es in einer vorangegangenen Kollektion mit dem Kampf um die Existenz in einer apokalyptischen Welt, geformt durch den Klimawandel, oder mit dieser Kollektion mit dem titelgebenden Thema „Terraforming“, der menschgemachten Umgestaltung der Welt an sich. Menschen, die ihre Kleidung tragen, versteht Maria Chany als Astronauten, moderne Ritter im Kampf um die gute Sache mit einem spezifischen Ehrenkodex – den Weltraum besiedelnd, aus dem Paradies vertrieben, sich ein neues, synthetisches Paradies aufbauen wollend. Sie wirft die Frage auf: „Warum investieren wir in die Schaffung synthetischer Paradiese an anderen Orten, anstatt uns darum zu bemühen, unsere Erde zu einem bewohnbaren Ort zu machen?“. Auch hier kann man die Parallele zu dem in Alex Raymonds Comics kreierten Protagonisten sehen, welche in fernen Welten wirken, aber stets mit irdischen Problemen konfrontiert sind.
Stattgefunden hat die Modenschau im Manifesto, welches sich als eine innovative Markthalle der nächsten Generation für den Bereich Lebensmittel und Kulinarik versteht. Eingebettet in die Kaufhaus- und Gastronomieatmosphäre performten die Modelle über mehrere Ebenen des Gebäudes. Der Laufsteg führte von der ersten Etage über eine Treppe mit dem Charakter eines Amphitheaters zum Eingangsbereich und wieder zurück in die erste Etage, in welcher Stuhlreihen positioniert wurden. Das Publikum hatte von fast allen Positionen einen Blick auf zwei Podien, die mit meliertem Stoff einen fleckig grauen Hintergrund bildeten und an eine Mondlandschaft erinnern. Dort posierten jeweils die präsentierenden Modelle in wilden Verrenkungen, um dann weiterzugehen. Das wirkt abwehrend und raumgreifend, trotzig und frech. Hinter dem Podium im Eingangsbereich war oberhalb dieses Podiums eine Leinwand angebracht, auf welcher Mondlandeszenen per Video abgespielt wurden – die spacige Stimmung herausstreichend.
Geprägt ist diese Kollektion durch wilde Mischungen an Material von grobem Web bis hin zu glänzend metallischem Lack. Viele Looks sind mit Schichtungen konzipiert, die aufgebrochen werden und von enganliegenden unteren Kleidungsschichten mit übergroßen Tops und Jacken durch deren weite Ärmel kontrastiert werden. Immer wieder finden sich Schulterpartien mit sehr ausladenden, spitz in den Raum greifenden Volumen. Stilelemente, die an Heckflossen von US-Strassenkreuzern der 1950er und 1960er Jahre erinnern. Man fühlt sich zudem unweigerlich in die Szenen dieser utopischen TV-Episoden von Flash-Gordon versetzt, mit den wilden Kostümen, die der Bösewicht Kaiser Ming getragen hatte, der ursprünglich von Charles Middleton und zuletzt im 1980er Remake von Max von Sydow gespielt wurde. Die Protagonisten tragen aufgerissene Schlaghosen, oder löchrige Leggins. Immer ist klar, das Figurbetonte soll auch bei weiten Silhouetten nicht verloren gehen.