MBFW SS23 – E-Werk Berlin
Berlin Fashion Week – Spring/Summer 2023 – Ready-to-Wear
Bilder: Andreas Hofrichter
Text: Gerhard Paproth
Marcel Ostertag gehört zu den wenigen Designern, die der Berliner Fashionweek treu bleiben, auch jetzt, wo sie sich noch auf Talfahrt befindet. Dabei sind seine Kollektionen, im Gegensatz zu den neu erscheinenden Protagonisten, eher nicht wirklich revolutionär in dem Sinne, dass sie den Zeitgeist spiegeln. Im Gegenteil. Wir sehen neue Varianten der spielerischen Besetzung relativ konventioneller Silhouetten mit Bändern, Fransen und höchstens leichte Abweichungen von konventionellen Schnittarchitekturen. Damit verortet sich Ostertag, der sich früher gern als Erneuerer stilisierte, nun eher im kommerziell angepassterem Segment, wenn auch durchaus verspielter und liebevoll in der Individualkonzeption und -Fertigung der einzelnen Looks. In diesem Sinne gelingen ihm durchaus eine Reihe schöner Modelle, nicht unbedingt kohärent als Kollektion, aber doch im Sinne eines Frauenbildes, das mit verspielten Applikationen, romantischen Prägungen, bequemen Silhouetten, leicht exotischen Prints und zarten Farbnuancen über das Durchschnittliche hinaus agiert. Zusätzlich gelingt ihm dabei auch ein gewisses Maß an Eleganz für den Alltag, heute selbstverständlicher als früher. Insgesamt umschreibt sich der stilistische Kosmos des Berliner Designers prägender und selbstverständlicher.
Sicher ist Ostertag nicht der einzige Designer auf der Berliner Fashionweek, der die konventionelle Couture (mit ein paar attraktiven Zusätzen) repräsentiert, ähnlich wie zum Beispiel auch Aline Celi herangeht, aber immerhin wird eine stilistische Handschrift erkennbar, die sich einigermaßen souverän in diesem Feld behaupten kann und die versucht, ohne Trendverpflichtungen modern und zeitlos zugleich aufzutreten. Im Sinne von ready-to-wear passt sein Konzept recht treffend, und das, auch erwähnenswert, nicht nur auf junge und idealschlanke Frauen gerichtet.
