Lutz Huelle: Best Of der Neuen Freiheit

Lutz Huelle: Best Of der Neuen Freiheit

Berlin, FW-ss2019, Berghain

Text: Gerhard Paproth

Bilder: Andreas Hofrichter

„High and Low, Tag und Nacht“ – die Kombination von Gegensätzen ist ein Schwerpunkt des gestalterischen Willens, der die Arbeiten von Lutz Huelle prägt. Und das schon seit der Labelgründung im Jahr 2000. Seinerzeit war die Verschmelzung von Widersprüchlichem noch ein Geschmackssakrileg, obwohl die Lust darauf sich schon vorher abzeichnete (z.B. Smokingjacke zu Jeans). Die lustvolle Provokation an sich mit dem Herunterbrechen von tradierten Zuordnungen ist natürlich nicht neu – wenn die ungewohnte Kombination jedoch im zweiten Schritt zum beliebten Stilmittel wird, verschwindet das Provokative und es bleibt zunächst der Gedanke des Spannenden – und eventuell des sich ergebenden Neuen.

Das Sampling in der Musik war sicher der erste Ansatz in unserer Gegenwartskultur, der diese neu verstandene Freiheit auf die Tagesordnung setzte und damit nicht unerhebliche Irritationen hervorrief. Dabei war die folgende Urheberschutzdebatte auch hintergründig ein Versuch, gesellschaftliche bzw. kulturelle Positionen nicht über Bord zu werfen und der beliebigen Nutzung zu übergeben. Das ist heute mehr oder weniger Geschichte, der freiheitliche Gedanke hat sich durchgesetzt und findet, etwas zeitverzögert, nun auch seinen Ausdruck in der Mode.

Die Möglichkeiten in diesem Spannungsfeld auszuloten ist also das Konzept- und Gestaltungsprinzip Lutz Huelles, der in Paris lebt und arbeitet und dort längst zur Fashionweek dazu gehört. Nach eigener Aussage geht es ihm weniger um Provokation als vielmehr um interessante Umsetzungen zeitgeistiger Anschauung. Es ist sicher richtig, dass gegenwärtig High und Low, Tag und Nacht und alle möglichen anderen Gegensätze und zuverlässige Zuordnungen in ihren Eigenheiten verschwinden und Raum geben für freie (und beliebige) Entfaltung mit allem, was vorfindlich und machbar ist. Unerwartete Effekte, die so entstehen, sind Qualitäten, die die Spannungsmomente ergänzen, das zeigt die Präsentation der Beispiele in dieser Schau sehr anschaulich. Es sind ungewohnte ästhetische Statements.

Die Einladung Lutz Huelles vom German Fashion Council nach Berlin zu einer Schau in den als zeitgeistig verstandenen Vorzeigeort Berghain kommt darum nicht von ungefähr und demonstriert die Relevanz seiner Gestaltungsposition für die Mode. Er selbst freut sich über diese Zeit-Ort-Event-Kombination, nicht nur weil ihn persönliche Erlebnisse mit Berlin und dem Berghain verbinden und weil er noch nie in Deutschland zeigte.

So führte die Schau eine Zusammenstellung seiner „favorite Looks“ insbesondere aus den letzten zwei Kollektionen vor und man merkte sehr schnell, dass der Designer damit verschiedene, besonders gelungene Ansätze zum selben Leitgedanken demonstrieren wollte.
In Parkas, Sweaters und Denimstücke integrierte Felder aus gestepptem Nylon in Gold und Silber verändern unerwartet das Volumen und fügen Wärmeempfindungen hinzu, auch eingefügte Silberfolien oder Seidenteile führen zu solchen Brechungen und Effekten. Riesige Überstülpungen („Oversleeves“) bewirken Dramatisierung und gleichzeitig die Suggestion von Bewegungsfreiheit, Einsätze von metallischem Jacquard oder auch Wolle verschlanken oder blähen gewohnte Schnittlinien auf. Stofflichkeiten, Muster, Schnitte, kulturelle Bezüge und modegeschichtliche Eigenheiten, möglichst Verschiedenes wird integrativ oder kombinierend – und sich relativierend – miteinander verbunden.

Innovativ ist das Vorgehen schon, auch wenn das radikale Dekonstruktivistische und Konstruktivistische sich mittlerweile auch bei Jungdesignern wie Rushemy Botter wiederfindet und vielerseits Publikumserfolge verbucht. Es erzeugt aber ähnliche Irritationen wie vor hundert Jahren Picassos und Braques konsequent durchgezogener Kubismus in der Kunstwelt und es dürfte spannend werden, ob damit nun ein Umbruch in der Modegeschichte einher gehen wird, vergleichbar wie seinerzeit in der Kunstgeschichte. Und ob die gesuchte „Befreiung“ von gewohnten Zusammenhängen sich mit diesen Mitteln ästhetisch dauerhaft etablieren kann oder ob diese Experimente lediglich einen momentanen Freiheitsgedanken einer jungen Generation repräsentieren.

 

Lutz Huelle: Best Of der Neuen Freiheit

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