Kasia Kucharska – funktionale Ornamente

Kasia Kucharska – funktionale Ornamente

Berlin Fashion Week AW2025 – Kantgaragen

Bilder: Andreas Hofrichter

Text: Gerhard Paproth

 

Kasia Kucharska (Berlin) hat für ihre Schau auf der Fashionweek erstmalig eine Kollektion im eigentlichen Sinne entwickelt und ist dabei andere Vorgehensschritte gegangen als für ihre bisherigen Designs. Nicht nur ganz andere Bekleidungsstücke ergänzen jetzt das bisherige Programm sondern man sieht auch, wie der gestaltende Spass am Ausbau nun den Stil erweitert und zugleich konkretisiert. Die mit allgemeiner Spannung erwartete Schau der Gewinnerin des „ersten FCG/VOGUE Fashion Fund“ wurde damit tatsächlich ein Highlight.

Die ursprünglich am Computer entstandenen großmaschigen Gewebe aus Latex (ursprünglich aus aufgedröseltem Strick abgeleitet) machen auch jetzt bei der händischen Entwurfsarbeit noch immer eine Grundlage als grafische Zeichnungen aus, das bleibt auf die eine oder andere Weise auch in Flächen und Volumen erkennbar. Kucharska nennt sie funktionales Ornament und interpretiert das Ganze als „unwirklichen Realismus“. Diese grafischen Zeichen, Gewebe und Systeme sind in ihrer Eigenschaft stets locker und lebendig, das prägt die luftig-leichte Erscheinung der Kleidungsgebilde wesentlich und sie sind zusammen mit den eher offenen Schnitten und pastelliger Farbgebung das prägende sympathische Merkmal. Bänder, schmale Streifen, rhythmische Raffungen folgen ebenfalls diesem zeichnerischen Entwurfsprinzip und bestimmen die innere und äußere Lebendigkeit. Leichte Stoffe mit großer Beweglichkeit eignen sich gut für diese Absicht, bei festeren (zum Beispiel den Kappen) werden Oberflächen aufgetragen, die denselben Effekt suggerieren.

Re- beziehungsweise Upcycling ist ein weiterer Aspekt, den die Designerin im Sinne nachhaltiger Arbeit verfolgt und gelegentlich herausstellt. Dieses Patchwork realisiert sie mit der gleichen Lockerheit im Erscheinungsbild, fast immer aber werden zusätzlich zeichnerisch charakteristische Geflechte eingefügt oder appliziert, im frischesten Fall wie vergnügtes Krikelkrakel.

Die Freude an dynamischen Linien und Strichen wird manchmal auch zur sich selbst bestimmenden Gesamtgestalt erhoben, das sind dann besonders raffiniert daherkommende Kleidungsbilder, wie auf den Körper gezeichnet.  Die Welt der Zeichnung ist unendlich und hat stets eine persönliche Note – darin liegt eine große Welt der Möglichkeiten von Experimenten und Entwicklungen vor der Design-Künstlerin, die da auch sehr optimistisch und locker herangeht.

Bei dem großen Anteil maschineller Herstellbarkeit (3-D-Druck) ist Kucharska geblieben, für den Übergang zu kommerzieller Produktion ist das ein Vorteil, es gilt zum Teil auch für Showpieces. Das Kleid mit Argyle-Muster zum Beispiel ahmt zwar Strick nach, ist aber Latex verklebt. Technisch innovative Prozesse in Entwicklung und Herstellung sind für das Label auch mit der neuen Perspektive noch immer essentielles Arbeitsprinzip. Auch da öffnet sich ein weites Feld, das man optimistisch nutzen kann.