Die neue Sommerkollektion SS2019
Text: Boris Marberg
Bilder: Andreas Hofrichter
Ivan Mandzukic experimentiert mit Verbalisierungen in Sachen Herrenmode. Seit Jahrzenten arbeiten große Marken daran, mit ihren Aufdrucken, die auf sich selbst bezogen sind, eine gewisse Identifikation zu generieren – Neudeutsch wird das „Branding“ genannt. Um den Begriff sind ganze Wirtschaftszweige entstanden, die suggerieren, mit der Namensnennung könne eine Person sich mit einem vermeintlichen Glamour oder Wert einer Marke assoziieren. Nicht ich trage Mode, sondern ich bin Mode liegt da auf der Zunge. Der digitale Narzissmus lässt grüßen, und soziale Medien mögen nicht unbedingt ein Garant für eine positive Weiterentwicklung demokratischer, pluralistischer Gesellschaften sein. Mode mag aber schon immer egoistisch bis egozentrisch gewesen sein – oder funktional. Bei der in Berlin vorgestellten Herrenkollektion von Ivanman kommt nicht der Markenname zum Zuge, sondern Schlagwörter der Herrenmode und die Postulierung von Besitzstände. „Jacke“ „Meins“, „Hemd“ „Seins“. Das kann verwirren, irritieren auch formalgestalterisch. Text auf Kleidung ist anerkannt und kann Inhalt vermitteln. Hier spalten sich die Geister. Was typisch für Ivan Mandzukic ist, sind die Farben, Muster und Schichtungen. Da bleibt sich der Designer treu. Ebenso finden sich minimalistische Silhouetten wieder, die seit Jahren geschätzt werden. Männlichkeit unterliegt in der Definition einem Diskurs und einer stetigen Veränderung. Das zeigt sich nicht von Saison zu Saison, aber über die Jahrzehnte hinweg umso deutlicher. Da mag man den Vergleich mit Herrenmode der 1980er wagen: Pastellfarbene Anzüge und weiße Basic T-Shirts, ein beginnender Verlust der Förmlichkeit, Karottenhosen, Übergrößen. Anlehnungen hieran kann man in der Kollektion von Mandzukic finden, wenn man will, oder auch ignorieren und sich einreden, dass alles sei neu. Neu ist das im klassischen Sinne sicher nicht, aber in einem neuen Kontext zu sehen, eben der digitalisierten Persönlichkeit; kein Bar-Code, aber wohl die Produktnummer offen getragen, und damit identifizierbar.
Der Hedonismus der 2010er Jahre trägt seinen Kampf mit den Intellektuellen der Mode auf anderen Ebenen aus, als in den Nullerjahren und den immer noch prägenden 1990er. Das Individuum verliert seinen Charakter. Mode kann hier ein Medium sein, wieder zu einer Ausgangsbasis zurück zu finden. Gerade die Herrenmode muss heutzutage sinnstiftender sein, als in den vergangen drei Jahrzehnten, den die Individualisierung der 1980er bis zur Jahrtausendwende wird und wurde durch die Beliebigkeit der digitalen Gesellschaft und Sozialisierung dahingerafft. In diesem Kontext betrachtet ist die in Berlin vorgestellte Kollektion, mutig, sinnstiftend und irritierend genug um tragbar zu sein – zumindest für ein sich jugendlich definierendes Publikum.