Berlin MBFW AW2018, Kronprinzenpalais
Text: Gerhard Paproth
Bilder: Andreas Hofrichter
Eine Kollektion von Isabel Vollrath entsteht konsequenter als bei vielen anderen Designern aus einem thematischen Leitgedanken, den sie im wesentlichen künstlerisch aber auch sozialrelevant zu einem Produktkomplex entwickelt. Ihre Gestaltung vollzieht sich in einer skulpturalen Herangehensweise, eine kleidungspragmatische oder botschaftsorientierte Auffassung tritt dagegen zurück. Das Erscheinungsbild entwickelt sich also eher künstlerisch-kreativ anstatt geschmäcklerisch oder aufklärerisch. Dieses Prinzip der Ausgestaltung einer Leitidee (mit Anspruch) ist vielleicht auch der Ausbildung an der Berliner Kunsthochschule Weißensee geschuldet, die künstlerisch akzentuierter arbeitet als viele andere Mode-Ausbildungsstätten.
Damit einher geht der Anspruch der sorgfältigen handwerklichen Ausführung, ohne dabei die Konfektion bereits im Hinterkopf zu haben. Soweit sind alle Kollektionsteile auch Unikate, die wie Einzelbilder (bzw. -skulpturen) zu verstehen sind. Bisher präsentierte Isabel Vollrath ihre Kollektion auch eher ausstellungsmäßig (also in Showrooms), auf Einladung des Berliner Salons machte sie daraus nun ein Défilé, womit der Anspruch der Tragbarkeit stärker herausgestellt wird.
„Water for Elephants“ war das Thema dieser Kollektion, geboren aus sympathisierender Zuneigung, sowohl sozial und tierschutzmäßig engagiert als auch optisch verstanden mit Oberflächenanmutungen, Bild-Prints (ihrer schwedischen Freundin und Textilkünstlerin Sofia Olander) und assoziativen Elementen. Die Kleidungsstücke kommen manchmal komplex und detailreich daher, weil die Designerin aber formal vom menschlichen Körper ausgeht, verselbständigen sie sich nicht ganz. Sie beschäftigt sich mit ungewöhnlichen Lösungen in Details bzw. Abschnitten, reichert an oder öffnet, experimentiert mit den Volumen und spielt (gedeckte) Farbnuancen oder Kontraste aus; Raffungen und Fältelungen sind ihre Spezialität und Bänder – vor allem solche als Schleifen – fungieren dabei als wichtige Gestaltgeber.
Mit diesem Prinzip stattet Isabel Vollrath die Trägerin (momentan nur Frauenkollektion) nicht nur mit Lust an der Form und handwerklicher Pfiffigkeit aus, sondern eben auch mit sozial-idealistischen Zuordnungen. Letztere verbleiben aber unaufdringlich, denn über die Gestaltung verlieren sich die konkreten Ansätze in abstrakten Motiven, wie beispielsweise die recht frei eingesetzten Elefantenprints, so dass die Teile zunächst wie formal-skulpturale Spielereien erscheinen und erst bei etwas ausführlicher Betrachtung sich der thematische Leitgedanke zeigt.
Diese geschickte Verknüpfung von ernsthafter inhaltlicher Leitidee, gestalterischer Experimentierfreude und handwerklich anspruchsvoller Ausführung, mit der Isabel Vollrath ihre Kollektionen kreiert, gibt ihren Arbeiten eine eigenwillige und faszinierende Besonderheit, die gut mit dem künstlerischen Unikatcharakter korrespondiert. Und sichert ihr einen verdienten, individuellen Platz im Reigen erfolgsversprechender Newcomer aus Berlin.
