37. Festival de Mode, de Photographie et d‘Accessoires de Mode, Hyères, Oktober 2022
Text und Bilder: Gerhard Paproth
Die große Installation für Designer, die sich an der Schnittkante zwischen Mode und Kunst positionieren, ist dieses Jahr für eine Retrospektive von Glenn Martens vorgesehen. Glenn Martens ist seit 2013 die einflussgebende Persönlichkeit des Pariser Modehauses Y/Project. Der Belgier hat diverse eigene Codes in der Gestaltung geschaffen, übereinander gelagerte Strickkrägen, Pumps mit Zehen in Form von Krustentierklauen, eisenverkrustete Denim-Outfits, die es erlauben, nach eigenem Wunsch verbogen zu werden, Unisex-Ensembles. Dazu ein stetes, lebendiges Experimentieren mit Schnitten.
Innerhalb des Diesel-Labels, für das er künstlerischer Direktor ist und wo er seit seiner ersten Kollektion 2021 arbeitet, vermittelt er den charakteristischen Stil des Hauses und focussiert sich auf die Denim-Handschrift der Marke (siehe besonders den letzten Abschnitt der Installation). Dabei spielt er mit Materialien und Dresscodes, verkehrt Gürtel in Röcke, läßt Hoodies zu Kleidern mutieren. Sexuelle Zuordnungen werden aufgelöst mit einem gleichzeitigen Akzent auf haltbare Materialien.
Nach Verlassen der Académie Royale des Beaux Arts von Antwerpen mit Diplom ging er vorübergehend zu Jean Paul Gaultier, letzen Januar lud das Haus ihn ein, die künstlerische Leitung für eine Couture-Saison zu übernehmen. Damit konnte er den zeitgemäßen Trompe-d’Oeil-Stil erkunden, die Korsagerie, ihre Schnürungen und die Übertreibungen.
Die „Retrospektive“ (nur Arbeiten aus 2021 und 2022) stammt also aus der Zusammenarbeit mit Y/Project, Diesel und Jean Paul Gaultier und sie zeigt, wie der Designer zu jeweils unterschiedlichen Aufgabenstellungen und Stilrichtungen spezifische, konzeptuelle Herangehensweisen an die Couture herausfiltert.