38. Festival de Mode, de Photographie et d‘Accessoires de Mode, Hyères, Oktober 2023
Bilder und Text: Gerhard Paproth *
Das Ambiente der Veranstaltung ist wie jedes Jahr: entspannt und höchst ambitioniert zugleich, lässig und doch ästhetisch sehr anspruchsvoll. Im schönen Rahmen der Côtes d’Azur, wo Palmen, üppige Botanik und kultivierte Architektur die Stadt Hyères prägen. Hinten, auf dem Berg, liegt die Villa Noailles, die dieses Jahr ihr hundertjähriges Jubiläum feiert und nach wie vor in ihrer Großzügigkeit und Geschichtsträchtigkeit die optimale Location für das Festival de Mode, de Photographie et d’Accessoires bietet. Der Spätsommer ist eigentlich Hochsommer, das Festival eher ein Ausstellungskonglomerat zur jungen Mode der Gegenwart (und Fotografie) und das Publikum ist zwar attraktiv aber alles andere als hochtrabend exclusiv (was für Frankreich schon etwas heißen will). Abgesehen von den unzähligen Mercedes-VIP-Shuttles wird das Exklusive zumindestens sehr diskret gehandhabt.
Hinzu kommen diverse Veranstaltungen in der Stadt, die auch jetzt, Mitte Oktober, den typischen Côtes d’Azur-Flair hat, gepflegt, sommerlich, üppig grün und mit Palmen überall (die Stadt wird auch Hyères-les-Palmiers genannt). Mit typisch südfranzösischer Mischung aus liebevoll arrangierten Schaufenstern, anspruchsvollen Lebensmittelgeschäften, vielen kleinen Plätzen und Parkanlagen, schönen Bauten aus dem frühen 20. Jahrhundert, gedämpftem Straßenverkehr, reizenden Café- und Restaurantterrassen und trotzdem steter, behutsamer und kultivierter Modernisierung.
Die Villa Noailles erreicht man am besten mit der für das Festival eingerichteten, leicht chaotischen Shuttleverbindung oder als etwas anstrengende Fußwanderung bergauf. Sie hat und ist eine eigene kleine aber üppige und gepflegte Parkanlage, das Grün setzt sich auf ihren vielen, gestuften Dachterrassen fort bis es fast in das Gebäude dringt. Das Draußen und das Drinnen gehen stets ineinander über und man bewegt sich auch in diesem ständigen Wechsel, bis man das gar nicht mehr merkt.
Und natürlich ist der Blick von dort auf die Stadt mit dem Meer dahinter und dem strahlenden Himmel darüber gigantisch.
Neugierige Anwohner, Modestudenten, Fachleute aus der Modeindustrie, Presse, Influencer, Touristen, Modetouristen, Künstler und andere Kulturschaffende flanieren an den drei Tagen von morgens bis abends durch die vielfältigen Präsentationen und das umfangreiche Programm. Das besteht neben den diversen Ausstellungen aus Vorträgen, Workshops, Schauen, Preisverleihungen, Performances, historischen Dokumentationen (z.B. 100 Jahre Villa Noailles) und Kommunikationspunkten für Insider und Interessierte. Dazu eine originelle Designboutique mit sehr ungewöhnlichem Angebot, stilistisch harmonisch mit allem anderen verknüpft.
Aus der Boutique:
Performance:
Ateliers, Workshops:
Ausstellungen:
Zentraler Bestandteil des Festivals sind die ausgelobten Preise, um die sich das meiste dreht. Das sind, für Mode, dieses Jahr:
le GRAND PRIX DU JURY PREMIÈRE VISION,
le prix LE 19M DES MÈTIERS D’ART,
le PRIX DE LA COLLECTION ECO-RESPONSABLE MERCEDES BENZ und
le PRIX L’ATELIER DES MATIÈRES
und für Accessoires
le GRAND PRIX DU JURY ACCESSOIRES und
le PRIX HERMÈS DES ACCESSOIRES DE MODE.
Dazu kommen weitere Ausstattungs- und Unterstützungspreise und „mentions“. Die Jurys sind prominent und kompetent besetzt, darunter ist auch stets der Gewinner des Vorjahreswettbewerbs. Es gibt auch für beide Abteilungen einen Publikumspreis.
Das Festival wird hochrangig und großzügig gesponsort, von diversen Unternehmen der Branche, wesentlich aber von Chanel. Nicht ganz ohne Eigeninteresse, welches in diesem Fall nicht Werbewirksamkeit bedeutet, sondern eine optimale Nachwuchssuche gewährleistet. Um den erlesenen Nachwuchs geht es eigentlich wesentlich, denn einerseits repräsentiert er das aktuelle ideelle Mode-Terrain (von morgen), andererseits wird er durch gewisse Veranstaltungsschwerpunkte auch in ideelle Gegenwartspositionen eingebunden (dieses Jahr besonders Nachhaltigkeit). Insofern bietet das Festival schon prägnant State of the Art der Mode, auf anderer Ebene als Fashionweeks, wo vielerlei andere Interessen hinzu kommen. Es ist es die einzige Nachwuchsförderungsveranstaltung für Modedesign auf diesem Niveau weltweit.
* Titelbild ist das offizielle Poster des Festivals