Berlin Fashion Week AW2024 – Zentrum für internationale Kunst
Bilder: Andreas Hofrichter
Text: Gerhard Paproth
Die aktuelle Kollektion von Haderlump kann man eigentlich als Zusammenfassungen der geläufigen gegenwärtigen Trends in den Gestaltungsideen und Gestaltungsmitteln sehen. Besonders auf Berlin bezogen. Sicherlich ist auch deswegen der Publikumsandrang und der Zuspruch so groß.
Demnach finden sich in der Kollektion beispielsweise die patchworkartigen Verschmelzungen verschiedener vorgefundener Elemente, die formalen Jackenauswüchse, die herumfliegenden Bänder, zauselige Stricktops, architektonische Schichtungen, Schärpen, Bustiers, Schnallen und abstrakt-poppige Muster. Natürlich ist auch alles nachhaltig angelegt.
Alles gut, alles schön.
Es ist fast ein Statement zum Stand der Dinge. Zugleich bedient diese Kollektion damit die klärende Positionierung der Berliner Modeszene im internationalen Getriebe. Das ist an sich nicht schlecht, denn es beantwortet die seit langem berechtigte Forderung danach: Die Kollektion dokumentiert so etwas wie „Mainstream der Berliner Avantgarde“.
Eigene Focussierungen auf bestimmte Leitgedanken (ausser der kreativen Nachhaltigkeit mit Upcycling) gibt es eher nicht und damit auch nicht, was den eigenen Haderlump-Style ausmachen könnte. „Charakteristische Schnitte und Formen“ (J. Ehrhardt, Kreativdirektor) fallen wenig ins Gewicht. Das wiederum ist schade, denn der Designer versteht sich ja eher als Teil der subkulturellen Kreativbewegung.
Unüblich dagegen ist es, konkrete Aufträge von Unternehmen bzw. Sponsoren zu Arbeitskleidung in die Kollektion zu integrieren, hier sind es sieben Outfits – dezidiert für DHL gemacht. Für die Kollektion „Circularis“ arbeitete Haderlump unter anderem mit ausgemusterter Arbeitskleidung des Logistikunternehmens, das Label-Signet groß und deutlich aufgebracht. Galt es über die letzten 40 Jahre eher als unsensibel (und auch kontraproduktiv), die Sponsoren im künstlerischen Kontext deutlich herauszustellen, unverhohlen wie Werbung, ist dieser Konsens der Diskretion, die gute Sitte damit wohl unterbrochen.
Andererseits versteht Haderlump den Akt vielleicht als Demonstration seines Arbeisprozesses und der gedanklichen Umsetzung modernen Upcyclings am Beispiel. Dies läßt sich jedenfalls aus der Erklärung von Johann Ehrhardt so ableiten, auch das mit dem Auftrag erzwungene Arrangement mit Farbe: „Der Name (Circularis) steht für unseren Repurposing-Ansatz und den schonenden Umgang mit Ressourcen. Bei der Arbeit an ‚Circularis‘ ging es aber auch darum, unsere Designsprache auf glaubwürdige und interessante Art und Weise mit der Identität von DHL zu verbinden. Haderlump arbeitet sonst hauptsächlich mit Schwarz, DHL hat uns also mit seiner ikonischen rot-gelben Workwear vor eine besonders spannende Herausforderung gestellt. Aus der Kombination der DHL-Farben und Materialien mit unseren charakteristischen Schnitten und Formen ist nun mit ‚Circularis‘ etwas ganz Neues entstanden. Uns geht es dabei primär um die zirkuläre Transformation, wie wir sie verstehen, als nachhaltiges Repurposing.” (Repurposing: eine neue Verwendung für eine Idee, ein Produkt oder ein Gebäude zu finden.)
Unproblematisch ist der herausgestellte kommerzielle Aspekt einer Fashionweek-Kollektion zugunsten eines Unternehmens jedenfalls nicht.