GmbH – From Another Reality

GmbH – From Another Reality

Berlin Fashion Week AW2025 – Kantgaragen

Bilder: Andreas Hofrichter

Text: Boris Marberg

 

In den Kant-Garagen in Berlin-Charlottenburg wurde die neue Kollektion des Berliner Labels GmbH im Rahmen der Berlin Fashion Week präsentiert. Hinter der Marke stecken die beiden kreativen Köpfe Serhat Işık und Benjamin Alexander Huseby, die vor neun Jahren das Label gründeten.

Grundsätzlich widmet sich GmbH sowohl der Herren- als auch der Damenmode – in Berlin wurde die Herrenlinie gezeigt. Diese aktuelle Herrenkollektion thematisiert – politisch hochaktuell in Deutschland – den gesellschaftlichen Umgang mit familiären Wurzeln im Ausland, den langen Weg des Ankommens in der bundesrepublikanischen Gesellschaft und die Interpretation der modischen Ausdrucksform von Gastarbeitern und deren Integration und ihr Hinwachsen zur Gesellschaft als integraler Bestandteil. Der Designer Serhat Işık ist türkisch-deutscher Abstammung, während Benjamin Alexander Huseby, ursprünglich Fotograf, norwegisch-pakistanische Wurzeln hat.

Die gezeigten Looks sind vielfach sehr figurbetont, sportlich und kokettieren mit Spannungsverhältnissen, die durch gezielte stilistische Kontraste hergestellt werden. Zum Teil sind die Kreationen streng formal, bauen auf klassischen Hemden und Hosen bei gedeckten Farben auf und Krawatten dürfen dabei nicht fehlen. Dem steht dann wieder eine sportlich legere Interpretation gegenüber, die plakativ die Jugendmode der 1960er Jahre verarbeitet. Wieder andere Looks wirken fast schon militärisch hart. Der Slogan „refuse to trade with the enemy“ taucht immer wieder auf der Oberbekleidung auf und kann in mehrere Richtungen interpretiert werden. Wer ist der Feind? Die Gesellschaft, in die hinein immigriert wurde – ein Bezug auf die Vergangenheit und die eigenen Wurzeln, das was die Vätergeneration erlebt hat, oder ist der Feind im zeitgenössischen Kontext der staatliche, systemische Gegner, dessen Wertesystem dem eigenen Wertesystem gegenübersteht und Imperialismus als multilaterale Weltordnung zu verkaufen versucht? Viele der gezeigten Kreationen kommen mit hohen, über die Knie hinausragenden Stiefeln in glänzender, eleganter Optik daher, mit Reißverschluss vorne und durchgehend wie eine Naht. Es wird wild bei den Konstruktionen übereinandergeschichtet, mal mit Transparenz, wenn helles Hemd mit Krawatte getragen wird und auch die Bundfaltenhose luftig hell verhangen wird, oder als anderes Beispiel, wenn in Lederoptik wie eine Richterrobe der gesamte Businesslook mit großzügigem Volumen ummantelt wird. Daneben wird mit einem Herren-Kaftan und einem Bomber-Blouson die Mantelkonstruktion gleich ganz ersetzt. Apropos Mantel – Mäntel sind die Blickfänge der Kollektion, die Schultern entweder massiv in die Breite betont, oder ähnlich einer tiefhängenden Stola konzipiert und getragen. Zwei Kombinationen kommen in lautem, kräftigem, revolutionärem Rot daher. Zwischen den Fingern der markant gestylten Modelle, spielerisch oft eine Misbaha, als Symbol traditioneller Verankerung in der eigenen kulturellen Wurzel.