Ein Gespräch mit der Nachwuchsdesignerin in Hyères 2019
Text, Bilder und Interview: Gerhard Paproth
Ester Manas ist eine Frau mit viel Esprit und französischem Charme. Auf dem Festival de Mode, de Photographie et D’Accessoires de Mode 2018 errang sie mit ihren temperamentvollen und zum Teil exzentrischen Entwürfen für kräftige Frauengestalten den Preis der Galeries Lafayette – ein Konzept, das Lust auf mehr machte. Vieles daran hatte handgemachten Charakter und man konnte sich nicht so leicht vorstellen, wie ein solches Herangehen in die industrielle Fertigung zu übertragen sein sollte. Aber dies Problem tauchte auch mit anderen Kandidaten früher schon auf. Manche, wie Vanessa Schindler, haben ihre Experimente weiter ausgebaut, andere, wie Botter & Herrebrugh haben ihre Leitideen in die neuen industriellen Möglichkeiten transferiert. Ester Manas hat – jetzt in Partnerschaft mit Balthazar Delepierre – sowohl ihre Leitgedanken neu modifiziert als auch ein kommerzielles Umsetzungskonzept gefunden und damit eine überraschend anders geprägte Kollektion erarbeitet. Geblieben ist ihr Interesse, nicht nur für Größe 34 zu entwerfen, sondern für alle Frauengestalten ein gutes und reizvolles Angebot zu schaffen und zugleich einen ökologisch verantwortungsvollen Anspruch dabei im Auge zu behalten.
modacycle: Ester Manas, Ihre neue Kollektion hat sich im Ansatz sehr gewandelt seit Ihrer Präsentation hier vor einem Jahr.
Ester Manas: Ja, als wir uns vor einem Jahr hier trafen, war das eine Kollektion die ein Bild repräsentierte. Während sie Versionen für verschiedene Größen von 34 bis 50 vorführte, hat die jetzige Kollektion Kleidung kreiert, die für alle Körper passt, es gibt nur noch eine Größe. Mittels verschiedener Systeme – Schnitt, Knöpfe, Raffungen u.a. – passen sich die Kleidungsstücke jetzt den individuellen Frauenkörpern an. Sogar wenn der Körper sich verändert im Leben, wirft die Frau das Kleidungsstück nicht mehr weg. Es ist wichtig heutzutage, sich diesem Prinzip gegenüber aufzuschließen. Ich glaube, gerade in Hinsicht auf den Konsum in ökologischer Hinsicht ist eine solche Überlegung wichtig, das heißt, nicht mehr in der Produktion alle Größen herstellen zu lassen und am Ende der Saison einen großen Teil wegzuwerfen, weil der nicht verkauft wurde. Es geht also um ein Vorgehen, das zugleich ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist. Und gleichzeitig geht es um größere Dauerhaftigkeit, insofern als das Produkt auch wechselnden Anforderungen gerecht werden kann und nicht so schnell weggeworfen und Neues gekauft wird. Es ist mir wichtig, mit meiner Arbeit eine solche Position zu vertreten.
modacycle: Was hat Ihnen die Anwesenheit hier im letzten Jahr gebracht, und der gewonnene Preis?
Ester Manas: Ja, ich habe den Preis der Galeries Lafayette letztes Jahr gewonnen, der mir erlaubt hat, eine Kollektion für sie zu machen – man kann die Sachen zum Beispiel hier im Festivalshop sehen – und auch jenseits dessen bin ich mit meiner Arbeit sichtbarer geworden. Aber es sind nun auch Erwartungen auf mich zugekommen, was manchmal schon fast beängstigend ist. Immerhin sind damit auch Investitionen verbunden, bei einer so eine großen Gruppe wie Galerie Lafayette dreht sich halt viel um Geld. Und dem gegenüber steht eben auch die eigene Philosophie (siehe oben), die nun damit korrespondieren muss. So ganz leicht ist das nicht.
Und grundsätzlich hat mir der Start hier halt viel Freude in der Folge beschert.
modacycle: Und Sie glauben, dass das anhält?
Ester Manas: Ja, sicherlich. Zum Beispiel vorhin hatte ich wieder ein Interview mit dem Französischen Fernsehen, das uns seitdem begleitet. Und auf der kommenden Fashionweek werden wir Teil des Designers Apartement im Palais de Tokyo in Paris sein, welches eine wichtige Einrichtung ist, da sie ihre Designer auch weiter begleitet. Mit ihnen fühlt man sich wirklich unterstützt und ermutigt, auch konzeptionell, denn sie glauben an unser Projekt.