Berlin Fashion Week SS2024 – Kronprinzenpalais
Bilder: Andreas Hofrichter
Text: Gerhard Paproth
Die lange ersehnte Rückkehr des Berliner Salons ins schöne Kronprinzenpalais löste zwar nicht alle Erwartungen an die liebevolle Ausstattung der frühen Jahre ein, gab aber endlich der großen Schau wieder ihre Würde zurück. Nüchterner zwar, ohne hinreißende Blumenarrangements und mit Wasser aus dem Kühlschrank aber geräumig und in angemessenem Raumambiente.
Insgesamt ist die Auswahl an Modedesignern und Modedesignerinnen, so hat man jedenfalls das Gefühl, kleiner geworden, aber nach wie vor erlesen und kenntnisreich (Christiane Arp). Das kommt wohl daher, dass jetzt auch allgemeinere Gestaltungspositionen aus Design im kunstverwandten Sinne hinzu gekommen sind, nicht immer versteht man da den Zusammenhang. Möbelstücke, Einrichtungsobjekte, Parfüme sind dabei und Schmuck hat wieder stärkere Präsenz. Was den gestalterischen Umgang mit Webstoffen und „textiler Kunst“ betrifft, ist die Brücke hin zum Künstlerischen eher verständlich und auch sinnvoll – da geht es auch um Öffnung des Blickes für die kreative Nutzung von Textil. Beim Einrichtungsdesign aber stellt man sich dann schon Fragen.
51 Designer und Designerinnen sind vertreten, verteilt auf zwei Etagen, der großzügige Treppenbereich wurde nicht mehr genutzt. Viele Designer waren bei ihren Exponaten anwesend, auch das ist eine wunderbare Tradition. Besonders im Focus der Auswahl war, so lasen wir, Nachhaltigkeit bei den ausgestellten Marken – mittels eines Fragebogens wurden die Labels konkret danach abgefragt. Dieser Aspekt ist bei der Berliner Fashionweek ohnehin seit geraumer Zeit zum dominierenden Kriterium geworden, wesentlich radikaler als auf anderen Fashionweeks, wo er eines unter mehreren ausmacht. Nicht immer dient das dem erbaulichen Erscheinungsbild, aber dies Phänomen ist selten geworden. Die Emanzipation von dem schlechten Image des „Bio-Alternativen“ ist längst vollzogen. Das Diktat der Nachhaltigkeit hat zu überraschend vielen Wegen geführt, sinnvoll und überzeugend damit umzugehen, nicht selten gerade zu sehr originellen Einfällen im Recycling. Wie zum Beispiel die Schuh-Handtaschen von Haram. Die Idee ist zwar nicht ganz neu, denn wir sahen das schon viel origineller 2018 in Hyères von der Südkoreanerin Jinah Jung (Conshoesness), aber das mindert den Pfiff der Gestaltung keineswegs.
Die große Schau hat als Übersicht den Vorteil, dass gewisse Trends offenkundig werden, dieses Mal fiel der gestalterische Spass an Verschlüssen und deren ungewöhnlichen Möglichkeiten auf, sowohl das Erscheinungsbild als auch die praktischen Optionen zu erkunden. Als kleiner Trend ist das nicht unbedingt neu, aber hier sah man doch viele coole Ideen und daraus resultierende eigene Schnitte. Und als leichte Übertreibungen mit Gurten, Knöpfen und Reißverschlüssen eben mehr als Akzente. Außerdem ist das Thema Dekonstruktion nicht mehr so experimentell herausgestellt, die gestalterische Methode ist selbstverständlicher geworden.
Prominenter war dieses Mal der „UGG Culture Changemaker Prize“ dabei, der an Namilia, Marke, SF 1 OG und Kasia Kucharska ging. Ebenfalls dabei waren wieder die drei ukrainischen Designerinnen Litkovska, Bobkova und Dzhus, zum Teil auch aus solidarischen Gründen. Sie richteten im Laufe der Fashionweek auch wieder eigene Schauen aus.