Berlin MBFW AW2018, E-Werk
Bilder: Andreas Hofrichter
Text: Gerhard Paproth
Bereits seit 2007 gibt es das österreichische Label Callisti der Modeschöpferin Martina Mueller-Callisti, leider erst jetzt stellt sie ihre Arbeit auf der Berliner Fashionweek vor. Österreichische Designerinnen setzen schon seit langem maßgebliche Akzente auf der Berliner Veranstaltung, mit Callisti haben die einladenden Förderer Mercedes Benz und Elle nun einen faszinierenden Aspekt hinzugefügt, der die qualitative Messlatte hoch legt.
Im Focus des Designs steht die selbstbewusste, urbane Frau, die sich in Zeit und Kultur den verschiedensten Einflüssen stellt, und zwar auf extravagante und zumeist raffinierte Weise. Die konsequente Betonung der Taille positioniert dabei nicht nur das Prinzip des Weiblichen, spannend ist es, wie die Designerin die körperbetonende Wirkung variierend konzipiert. Auffallend dabei sind die vielen Gurt- und Korsettelemente aus lederartigen Materialien, die fein und elegant mit den verschiedenen Stoffen und Schnitten kombiniert werden. Raue Krafteffekte werden damit überführt in spielerische, subtil-sinnliche Gestaltungsmittel, die alle BDSM-Assoziationen von der prinzipiellen Strenge in eine lockere, sexy erscheinende Konstellation transferieren und so weibliches, zeitgeistiges Selbstbewußtsein definieren.
Auch die Schnitte entsprechen diesem Erscheinungsprinzip, Militärisches und Japanisches wird gebrochen oder aufgelöst in weicher, körperbetonender Linienführung, ohne zu verschwinden. Die Farbgebungen sind meist zurückgenommen und die Kontraste dienen eben der bezeichneten Linienführung, die die Kollektion stets elegant bestimmt. Im Ganzen entstehen leicht futuristisch anmutende Erscheinungen, zart und stark in Konzepteinheit und stets mit sicherem Geschmack elegant.
Verschiedene Designerinnen und Designer haben sich in den letzten Jahren dem Gurt, Gürtel und anverwandten Corsageelementen gewidmet – damit sicher auch einem Code der Zeit –, die Interpretation bei Callisti ist wohl der eleganteste Ausdruck, der sich aus dem Thema ableiten lässt, ohne die Implikationen zu negieren und die Spannung zu verflachen. Es entsteht vielmehr eine sinnliche, avantgardistische Positionierung von Frauenmode, ein echtes Alternativkonzept zur raubeinigen Berliner Bodenständigkeit, das ebenfalls deutlich das Hier und Jetzt eines urbanen Frauenbildes repräsentiert.
Men’s Fashion macht Callisti seit fünf Jahren ebenfalls und es bleibt abzuwarten, wie das in Zukunft auf Schauen die faszinierende Perspektive ergänzt. In jedem Fall bleibt zu wünschen, dass Callisti auch weiterhin in Berlin ihre beeindruckenden Designkonzepte präsentieren wird. Mit der innovativen Raffinesse und Eleganz wäre sie im Berliner Salon jedenfalls eine überzeugende Bereicherung.
