Charmante Flüche der Karibik
Text: Boris Marberg
Bilder: Andreas Hofrichter
Mode darf Spaß machen und trotzdem eine politische Meinung ausdrücken. Rushemy-Botter und Lisi Herrebrugh haben wir dieses Jahr bereits in Hyères kennen lernen dürfen. Wer dort Punkten kann, kann es auch in Berlin – sollte man denken.
Zum ersten Mal wurde die Kollektion „Al Fombra” auf den Laufsteg in Berlin gebracht, die gemischt wurde mit Looks aus der in Hyères preisgekrönten Kollektion „Fish or Fight“. Stilistisch bricht dadurch das Gefüge nicht auseinander, macht es aber etwas schwerer einen differenzierten Blick auf das junge Schaffen zu werfen. Bei „Fish or Fight“ war das Statement noch das (verkürzt) karibische Fischer ihre Existenzgrundlage verloren hätten. Botter und Herrebrugh haben karibische Wurzeln und die neuen Looks sollen auf Losbuden in der Dominikanischen Republik und auf Curaçao verweisen, die keine Gewinne auszahlen würden und ein Magnet für die Sehnsüchte vieler Menschen seien, ihrem Schicksal und der Armut zu entfliehen – bunt, luftig frisch und verspielt – dennoch eine Lebensfreude und ein Bejahen, dem zu entfliehen die fremde, uns aber näher liegende Sehnsucht entgegensteht, Lebendigkeit aufzusaugen.
Ja, auch die neuen Looks haben etwas dekonstruktives, aber fallen nicht so extrem wie die vorhergegangenen Kreationen aus. Große Volumen, Schwung und Farbe darf ebenso sein, wie Asymmetrie. Die Hüften und Taillen bei den Damenlooks sind betont, ebenso die Schultervolumen bei den Herren. Zwischen den verwendeten Materialien entstehen Spannungen und Dynamiken. Gerade die massiven Volumen bei den Herrenjacken können befremden. Sie verlieren aber nie den Bezug zum gesamten Erscheinungsbild. Gerade auch wenn die beiden unterschiedlichen Themen ganz klar zu erkennen sind. Sie gehören dennoch zusammen. Die freudige Farbpalette spiegelt genau das Licht der Karibik wieder, nach welcher sich in Europa gesehnt wird. Eine sympathische Wärme kommt den Betrachtenden entgegen und kann vereinnahmen, auch wenn die Kollektion noch nicht wirklich umfassend ist und die thematischen Ansätze weiter differenziert werden könnten. Aber allein die Fragmente machen eben den zu Beginn erwähnten Spaß aus, den Mode vermitteln kann und soll. Jedenfalls ist mit den beiden Niederländern auch in der Zukunft sicher noch zu rechnen und man wünscht dem Paar viel Erfolg und viele spannende Erfahrungen auf dem modischen Weg.