Africa Fashion Day – Tanzen war gestern
MBFW SS2015
Text: Gerhard Paproth
Bilder: Boris Marberg
Afrikanische Muster, geschraubte Gestaltung und mutige Interpretationen klassischer Stücke erleben wir stets als eine sehr lebendige und erfrischende Aufmischung der meist gesetzten, vom (Lebens-) Ornament gereinigten, westlichen Modestile, besonders dann, wenn die afrikanischen Designer sich konsequent der inspirierenden Kraft ihrer urbanen Kultur verschrieben haben.
Mittlerweile jedoch haben wir das Gefühl, diese Inspiration wird den Anpassungen an die westlichen Üblichkeiten geopfert, wahrscheinlich auch deswegen, weil in unseren Kulturkreisen der Mut zu solch lebensfrohen und sonnigen Kleidungsstatements selten vorhanden sind. Und außerdem, weil die Modedesigner schon in ihrer Ausbildung den westlichen Vorstellungen folgen sollen und sie das wohl auch wollen. Hinzu kommt, dass afrikanische Urbanität real durchaus von westlicher Mode geprägt ist, aber um diese Reflexion geht es ja eigentlich nicht, wenn das Besondere thematisiert sein soll.
Natürlich (bzw. leider) findet die Vorfreude auf einen lustvollen, selbstbewussten Reigen afrikanischer Exzentrik auch bei dieser Schau keine Befriedigung, sondern bleibt bei der tollen afrikanischen Begleit-Musik hängen, die frisch und vergnügt dem Spaß am Leben frönt.
Immerhin, der Conferencier trug einen farbenfroh und komplex gemusterten Anzug, sehr abgefahren, das war es dann mit dieser Schiene.
Drei Designer führten ihre neuen Kollektionen auf der Schau Africa Fashion Day vor, Samson Soboye (SOBOYE), Nana K. Brenu (1981) und der zweite Preisträger des Young Designers Award SS2015 Laduma Ngxokolo (Maxhosa by Laduma).
Soboye nutzte tatsächlich große afrikanische Muster und brachte sie sehr passend auf den Schnitt der jeweiligen Stücke. Die wurden stets kombiniert mit einfarbigen Teilen, zum Beispiel Jacken, was die Aufgeregtheit der Printmuster bewusst herausnimmt und Ruhe in den Auftritt bringt. Letzteres besorgen auch Farben in Khakitönen (bzw. Sandfarben) und unbunte Farben wie Schwarz und Grau. Auch die Schnitte sind sehr der hiesigen Kultur verpflichtet, auch in ihren Experimenten, immerhin die attraktiv-körperbetonte Variante für Damen und zum Teil zwar sportliche Ausprägungen für Männer, zumeist aber deutlich erwachsener als die hierzulande übliche Jungenhaftigkeit. Nach unserer Kenntnis ist Soboye eigentlich ein Männerlabel und aus dieser Perspektive ist die andere Sichtweise auf den Mann sehr wohltuend.
Obwohl durchaus abwechslungsreich in den verschiedenen Auftritten, tauchten dieselben Muster dann doch bei verschiedenen Teilen auf, und am Schluss kamen dann noch viele glänzende Stoffe dazu, wo der Anteil der afrikanischen Inspiration annähernd ganz verloren ging.
Brenu/1981 setzt auf „kräftige“ Pastellfarben in geschickten Kontrastierungen, zum Beispiel Rot-Beige sowie auf pfiffige Überlagerungen der Teile bei den Schnitten. Dadurch entstehen schöne, manchmal pfiffige Auskragungen, Verschiebungen und Überdeckungen, meist geometrisch angelegt. Letzteres lässt die Wirkung von Klarheit und die Inspiration architektonischen Gestaltens dominieren und orientiert sich eher westlich als afrikanisch. Alle Teile sehr geschmackvoll und sicher auch bürotauglich.
Maxhosa by Laduma prägt seine Kollektion hauptsächlich mit Strickmaterialien und –Mustern, nämlich stets variierende Rauten in verschiedenen Farbkombinationen. Gedeckte Farben dominieren, selbst wenn leuchtendes Orange auftaucht, wird die Kraft durch die benachbarte Farbgebung wieder zurückgenommen. Ärmel und Säume sind oft gestalterisch kontrastiert, nicht zuletzt daraus entsteht die attraktive Wirkung der Einzelteile und der Kombinationen.
Auch diese Kollektion zitiert eher Stilismen der afrikanischen Tradition, das sicher auf ästhetisch überzeugende Weise, aber der Geist dieser Gestaltung ist westlich und transportiert nicht mehr als Erinnerungsfragmente. Mit dem flotten Afro-Pop dazu ist dieser Gestaltungsansatz auch kein hinreißender Knaller im eingangs erwähnten Sinne.
Wir geben zu, es liegt also an unseren Erwartungen, die falsch gelagert sind, denn die moderne Mode mit afrikanischen Bezügen ist natürlich ganz woanders angekommen, auf ihre Weise durchaus auch gut und sehenswert.