Viktoranisimov – „Why don’t you wear a suit“

Viktoranisimov – „Why don’t you wear a suit“

Berlin Fashion Week SS2026 – Feuerle Collection

Text & Bilder: Boris Marberg

 

Seit 1997 ist der ukrainische Designer Viktor Anisimov mit seinem gleichnamigen Label tätig und hat sich kontinuierlich auf Herrenmode spezialisiert, was ihn nicht davon abhält, auch immer wieder Damen-Looks in die Kollektion aufzunehmen. In Berlin präsentierte er seine neue Kollektion für den Sommer 2026 in der Galerie Feuerle Collection, einem massiven Telekommunikationsbunker des Zweiten Weltkriegs. Das passt – dazu aber später.
Wenn man sich mit den letzten Kollektionen von Anisimov auseinandersetzt, wird eine klare und konsequente Linie und Thematik seines Schaffens deutlich: Funktionalität und Adaptierbarkeit. Seine Kollektionen tragen mal Titel mit aktuellem Bezug zur Lebensrealität des Designers, oft aber nur die konkrete Zuordnung zu einer allgemeinen Modesaison. Die 36 Looks umfassende Sommerkollektion für 2026 sei demnach von der Arbeit des Designers zu einem minimalistischen Garderobenkonzept für Präsident Volodymyr Zelenskyy abgeleitet.

Da schwingt die Provokation gegenüber Zelenskyy und Herabsetzung „Why don’t you wear a suit“ im Oval Office von Brian Glenn, einem US-amerikanischen, rechtskonservativen Journalisten, mit – Ehemann der ebenfalls rechtskonservativen US-Abgeordneten Marjorie Taylor Greene. Eine Inszenierung, die aber in Bezug auf Mode aus der Ukraine im zeitgenössischen Kontext fehlgeht und schlussendlich nur ein Anknüpfungspunkt ist, sich mit dieser aktuellen Mode aus der Ukraine und dem politischen Kontext auseinanderzusetzen.
Weder ist der ukrainische Präsident Volodymyr Zelenskyy ein Modemuffel, noch ist Viktor Anisimovs Mode reine funktionale Streetwear. Dies alles muss im entsprechenden Kontext gesehen werden und ist ein klares gesellschaftliches und auch politisches Statement.

Die Inszenierung im Bunker deutet den täglichen Beschuss der Heimat an – den russischen Terror gegen die Zivilgesellschaft – und das sich-dem-Entgegenstellen, Hoffnung schöpfen und weiter wehrhaft zu sein, um zu leben. Aber auch funktional angepasst sein an die täglichen Herausforderungen.

Die jeweiligen Looks sind nicht zwingend als feste Einheiten zu interpretieren. Die Einzelstücke können aus den kreierten Looks herausgelöst werden und frei mit anderer Bekleidung kombiniert werden. Es wird geschichtet, gewickelt und dekonstruiert in dieser Kollektion. Die Volumen spielen bei der Gestaltung nicht wirklich eine zentrale Rolle, ebenso wenig die meist vertikal orientierten Silhouetten.

Das meiste der Kleidung fällt locker und bietet Bewegungsfreiheit, und man sieht die Leichtigkeit der Materialien ebenso wie deren haptische Robustheit. Einundzwanzig der präsentierten Looks werden von weiblich gelesenen Modellen präsentiert – viel für ein sich auf Männermode ausgerichtetes Label.
Im urbanen Kontext gesehen könnten aber auch viele der Looks als Unisex bezeichnet werden, und es wäre spannend, wie dann die Wirkung ist oder ob die Looks dann deplatziert sind.
Das durchgehende Schwarz der Kollektion steht ohnehin für sich und eine Distanzierung der tragenden Person von ihrer Umwelt. Das mag mal neutral interpretiert sein, einem Formalismus folgend, ist aber auch nicht zwingend. Vielmehr ist das konventionell in der zeitgenössischen Mode und nicht designerspezifisch zu werten. In der Vergangenheit hat Viktor Anisimov auch schon kräftigere Farben genutzt.