Berlin Fashion Week SS2026 – Rosa-Luxemburg-Straße
Bilder: Andreas Hofrichter
Text: Boris Marberg
Ihre neue Kollektion präsentierte Clara Colette Miramon im Rahmen der Berliner Modewoche unter freiem Himmel in der Rosa-Luxemburg-Straße vor der Volksbühne. Ein heißer, urbaner Tag, die Sonne brennt, und die Wetterprognose sagt, dass das Thermometer noch steigen wird. Mit PLATTE.Berlin ist diese Schau zustande gekommen. Der Verein fördert junges, eher subkulturelles Modedesign und realisiert mit frei angebundenen Modeschöper/innen seit Jahren eigenwillige, manchmal auch provozierende Konzepte für Präsentationen. Bei Clara Colette Miramon steht diese Saison das Thema „Care-Arbeit“ thematisch an. Eine – feministisch interpretierte – Auseinandersetzung mit der Arbeit von vorwiegend Frauen, die nicht angemessen wertgeschätzt wird, obwohl sie immer wieder problematisiert und diskutiert wird.
„Tatü Tata“, der Krankenwagen steht am Anfang des Laufstegs, drei Pflegebetten reihen sich vor dem Publikum auf, Modelle steigen aus dem Rettungswagen. Pflegesituationen werden inszeniert. Es wird umgebettet, untersucht, nach dem Befinden der „Patientinnen“ geschaut. Zwischen den Pflegebetten: „Pilates Reformer“. Die jungen Frauen machen sich stark mit Fitnessübungen und zeigen in kraftvoller Pose: Man arbeite an sich, ganz dem zeitgenössischen, selbstoptimierenden Leitbild entsprechend – neudeutsch „Gymgirl“ – um Idealvorstellungen zu entsprechen. Frauen schaffen das: jung, schön, schlank, stark und sie schmeißen Haushalt, Kinderbetreuung und Pflege. Oder nicht? Ermüdung, Verletzlichkeit und überzogene Erwartungen stehen stets im Raum – mehr arbeiten, um den Wohlstand in Deutschland zu erhalten, wird politisiert – ohne eine Antwort darauf zu geben, wessen Wohlstand gemeint ist und was darunter zu verstehen sei.
Die so zu interpretierende Präsentation ist zugleich ein soziales und auch feministisches Statement. Modisch und gestalterisch wird dies aufgegriffen und umgesetzt – zum Beispiel durch in A-Silhouetten gehaltene weiße Kleidchen, kurz, prägnant, an die 1960er- und 1970er-Jahre erinnernd und angelehnt an die Pflegeuniformen von Krankenschwestern jener Zeit. Dazu werden Korsagen in die Looks eingebunden, sie unterstreichen nochmals eine selbstbewusste Auseinandersetzung mit der Körperlichkeit und der geschlechtlichen Identifikation.
Sehr viele der Looks sind mit Drapierungen, Asymmetrien und Flächenkontrasten gestaltet und meist körperbetont gehalten. Es wird viel Bein gezeigt, und Schnürungen in Anlehnung an Korsagen sind prägend für die Damenoberbekleidung. Vereinzelt wird eine flächige, helle Korsage mit einer Gürtelkonstruktion und Schnalle in Form gebracht und zusammengehalten. Auch ein weißes, durchgängig geschnürtes Schlauchkleid fällt positiv auf – Body Positivity als Leitgedanke. Und Sexyness als kritisch-feministischer, widerspruchsfreier Betrachtungsmodus. Die selbstbewußte Kollektion macht insofern Laune.