Stephen Jones – Chapeaux d’artiste

Stephen Jones –  Chapeaux d’artiste

Ausstellung Musée de la Mode, Palais Galliera, Paris

Bilder und Text: Gerhard Paproth

 

Sie sind zu Unrecht „out“: Hüte und andere Kopfbedeckungen. Auch wenn ein paar kleine, eher uninspirierte Modisten sie gelegentlich wieder ins Bewusstsein rücken wollen, bleibt ihre Welt den großen Designern und Modisten des letzten Jahrhunderts und der Modehistorie überhaupt überlassen.

Zu Unrecht, wie die Retrospektive von Stephen Jones überzeugend vorführt. Im Zeitalter von Kapuzen und Basecaps und pragmatischer Streetwear sind Headpieces zu anspruchsvoll und ästhetisch geprägt, um ein angemessenes Comeback zu schaffen. Das Musée de la Mode in Paris demonstriert mit der Ausstellung von Stephen Jones (bis 16.3.25) allerdings, dass mit überbordender Kreativität und anspruchsvoller Gestaltung diese Ergänzungen zu Outfits – oder besser ihre Vervollkomnungen – sowohl zeitgemäß als auch zeitlos sind und noch immer eine wichtige Rolle im Gesamtkontext spielen beziehungsweise spielen können.

Natürlich richtet sich die sehr gut besuchte Ausstellung nicht nur an Fashionistas und Modehistoriker, als künstlerisch herausragende Lebensleistung des umtriebigen und gefragten Modisten besetzt sie durchaus eine eigene Position im Modehandwerk. Originell, witzig, elaboriert, experimentell und handwerklich perfekt spiegelt sie die ganze Welt des Modedesigns der letzten 50 Jahre und ihre künstlerischen Ansprüche.

Stephen Jones ist, wie viele andere Modisten, eher nur Insidern bekannt, dabei ist sein Anteil an den großen Haute Couture Kollektionen als akzentuierendes Finish wesentlich. Pendelnd zwischen London und Paris hauchte er den Kreationen eine besondere Kreativität ein, „franglais“ wie die Franzosen zu solchen Prägungen sagen, und verstand das, was Franzosen als Definition der „Parisienne“ proklamieren, oft besser, als manche Couturiers: Der Hut war seit Ende des 18. Jahrhunderts die Quintessenz der Pariserin (als weltbestimmend entscheidende Vorstellung der modernen Frau) , er bestimmte die Silhouette der Erscheinung entscheidend und Stephen Jones hatte zentralen Anteil daran, was die Prägung seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts betrifft.

Die Ausstellung konzentriert sich auf die engen Beziehungen des Künstlers zu Paris, französischer Kultur und Pariser Couture. Mit seiner Arbeit an Pariser Modehäusern nach seiner Ankunft dort veränderten sich seine Vorstellung von Mode und sein kreatives Vorgehen. Und besonders auch sein Bild der Pariser Frau chakterisierte sich neu.

Aus den betreffenden 45 Jahren seiner Schaffensgeschichte mit fantasisch und oft surreal anmutenden Beispielen (fast 400 Arbeiten, darunter mehr als 170 Hüte) führt das Palais Galleria vor, dass Hutmode nicht nur als Abschluß eines spezifischen Kollektionsentwurfes zu verstehen ist, sondern eine Kreativdimension beherbergt, die auch heutige Modeentwürfe sehr gut aufwerten könnte. Aber leider fehlen uns solche großartigen Modisten, weil diese Arbeit völlig zu Unrecht unterschätzt wird. Und der Hut sowieso.

Wir zeigen Ausstellungsbeispiele aus der Mitarbeit zu Kollektionen von Schiaparelli, Vuitton und Dior, sowie beispielhaft zwei der vielen Vitrinen.

 

Louis Vuitton

Christian Dior

Schiaparelli

*

Peter Ashworth – Portrait de Stephen Jones, 1985

 

Stephen Jones, „chapeaux d‚artiste“

MUSEE DE LA MODE, Palais Galliera:

10, avenue Pierre 1er de Serbie, Paris, France 75116

bis 16.03.25