Berlin Fashion Week SS2025 – Tempodrom
Bilder: Andreas Hofrichter
Text: Gerhard Paproth
Das Label GmbH der beiden Designer Benjamin Alexander Huseby und Serhat Isik feierte sein Debüt auf der Berliner Fashionweek als Teil der sogenannten Conteporary-Reihe. Die Leitidee ihrer Gestaltung liegt in einem zeitkritischen Ansatz, hier die Selbstverteidigung gegen faschistische Strömungen in der Gesellschaft.
Die Gesamtschau führt das allerdings nicht wirklich offensichtlich vor. Auffällig dagegen sind diverse gestalterische und innovative Neuformulierungen, die vorhandene Modetrends veredeln. So zum Beispiel die Shorts für Männer beziehungsweise Hosenröcke für Frauen, die eine völlig neue Silhouette erhalten haben und durch Applikationen auch einen verspielteren Charakter. Das ist eine wirklich innovative Erfindung. Im Gegensatz zu den üblichen Erscheinungsbildern dieses Kleidungsstückes sind sie wieder deutlich sexy geprägt – gleichermaßen wenn sie von Frauen oder anderen Geschlechtszuschreibungen getragen werden. Die häufige Anlehnung an kurze Röcke und schimmernde Materialien spielen dabei eine wesentliche Rolle. Überhaupt ist die modische Sprache des Genderfluiden bei diesem Label mit besonderer Eleganz und Überzeugungskraft formuliert.
Hinzu tritt die Linienführung des Sportlichen, die viele Stücke prägt, sowohl im Schnitt als auch in der formalen Zeichnung. Auch dies eine souveräne Referenz an den aktuellen Zeitgeist.
Viele Teile sind aus dem Grenzbereich von Ober- und Unterbekleidung abgeleitet, schon daraus ergibt sich eine gewisse Sexiness der Anschauung. Das Genderfluide ist stets elegant gelöst, sogar Bandeau-Tops werden für alle mit gleichem Gestaltungsprinzip verallgemeinert. Für Frauen gilt das dann allerdings nur bei entsprechender Flachbrüstigkeit, da hat das Androgyne wenig Spielraum.
Originell sind die Crossgestaltungen bei den Anzügen, die übernehmen nun auch die Kapuzenmode der Streetwear, sehr pfiffig und elegant verschmolzen und mitnichten aufgesetzt. Auch dies ein wirklich innovativer Gedanke.
Das Schuhwerk im weitesten Sinne findet ebenfalls eine neue Gestaltungsidee. Aufgesetzt werden große und weite Gamaschen oder Stulpen, die bis an die Knie reichen können und in verschiedenen Materialien erprobt werden. Sie verleihen den Outfits eine sehr feste Komponente und dem „Auftritt“ starken Charakter, sogar bei den etwas verspielteren Versionen. An dieser Stelle kommt der eingangs zitierte Anspruch am deutlichsten zum Tragen.
Auch eine Anspielung zur Multikulturalität wird in die Schau gebracht. Visuell zum Beispiel mit den verspielten, orientalisch assoziierten Fransenapplikationen und musikalisch mit Übergängen zu orientalischen Klängen der Liveband. Man kann das als gesellschaftspolitischen Wink verstehen, muss es aber nicht. Wesentlich bleiben die einfallsreichen, zusammenführenden Lösungen zu sonst auseinanderstrebenden Phänomenen – stets auf ästhetisch kluge Weise und mit einem leicht erscheinenden Selbstverständnis.
