MBFW aw 22, Kraftwerk
Bilder: Andreas Hofrichter
Text: Gerhard Paproth
Der Designer Jean Gritsfeldt aus der Ukraine konnte nicht kommen und auch seine spezielle Kollektion nicht liefern. Innerhalb einer Woche haben 30 Freiwillige sie als Duplikat produziert, sie erschien als letzte Schau des offiziellen Schauenplans mit etwas Verspätung (weil die geplante Livezuschalte aus der Ukraine nicht klappte) in sehr überzeugender Inszenierung. Vorangestellt eine erklärende und aufrüttelnde Ansprache des Designers als Video („…Im Bunker ist egal, was du anhast, Hauptsache warm und schützend …“, siehe auch Presseerklärung unten), dann kam eine Solo-Balettperformance, schlicht und auf die Schau hinführend, und danach eine Vorführung, die demonstrierte, dass vor aller Kleidungs- beziehungsweise Modeideologie die charakterliche Gesinnung, die menschlichen Werte zu stehen haben. Gefühle und Emotionen. Aus den Konnotationen der daraus abgeleiteten Schlüsselbegriffe entsteht die eigentliche Schönheit im Sinn.
Teile der Schau wurden begleitet von Rauch, Blitzen, Sirene, Bombenlärm, Volkslied, Blut und Kriegsspuren, aber das wirkte überhaupt nicht pseudokünstlerisch aufgesetzt sondern ziemlich erschütternd und die vorgeführten schlichten, modisch neutralisierten Kleidungsstücke mit assoziativen, aufgeprinteten Schlagworten sehr ergreifend. Besinnung auf Essentielles. Alles im richtigen Maß und im angemessenen Ton. Zum Schlußbild erschien eine Art Jeanne d’Arc und, von allen Protagonisten getragen, eine riesige Fahne in urkainischen Farben.
Ein künstlerisches Statement im Kontext Mode, das ohne Umschweife nicht nur emotional sondern auch geistig den genauen Punkt trifft. Bei aller Kritik die man sonst so an der MBFW haben kann: hiermit haben die Veranstalter der Berlin Fashionweek ein sensibles Bravourstück abgeliefert!