Berlin, FWss2019, E-Werk
Bilder: Andreas Hofrichter
Text: Gerhard Paproth
Endlich wieder Hüte, habe ich innerlich gerufen, keine Caps und keine Pseudohüte. Es war ein erster Indikator der Schau von Maison Common, dass Eleganz ein Faktor des Gestaltungsanspruches ist, und die Hut-Musterungen geben trotzdem eine sportliche Note dazu, ohne diesen Anspruch zu negieren. Durchgehend in schwarz-weiß/beige assoziierten sie außerdem einen Touch von Chanel, der überhaupt in der gesamten Kollektion als ein internalisierter Geschmacksfaktor durchschimmerte.
Aber die Kollektion kommt keineswegs zurückgenommen-schlicht daher, schon die Farben und Farbkombinationen stehen eher für leuchtende Präsenz, für Frische und Lebendigkeit. Mint und kräftiges Pink bestimmen einen Großteil der Kollektion, als Komplementärkontrast entsprechend intensiv, aber auch Orange, Himmelblau und Schwarz-Weiß-Kontraste hat die Palette, die den Kleidern Lebensfreude und aktive Präsenz vermittelt. Dazu ebenso kräftige Musterungen, gleichmäßig, lebendig oder beides gemixt, sehr präsent aber nie aufdringlich.
Die Schnitte sind feminin, gern auch klassisch, hier schimmerte die Chanel-Assoziation besonders oft durch, was wir aber nicht als kopiert empfanden, sondern als schöne, gediegene Inspiration des sicheren Gestaltens femininer Kleidung. Mit der akzentuierten Farbgebung und der Leuchtkraft ist ohnehin ein eigenständiger Stil gegeben, der außerdem etwas von Galerie-Lafayette-Frische atmet und sich auch deutlich von den anderen Berliner Schauen absetzt, die nicht selten eher romantisch sanft und verhalten erscheinen.
Manchmal assoziierte man auch etwas Retro-Style, 50s, 80s, 60s, 90s – (Orange, Neonleuchten, maritime Versatzstücke, T-Shirt-Aufdrucke etc.), aber das kann auch täuschen, denn letztlich erschien die Kollektion doch meistens eher innovativ mit Kenntnis der klassischen Werte eleganten Gestaltens. Das ist eigentlich eher französisch als deutsch.
Schleifen in allen Variationen gehörten auch dazu, ebenso Bommeln und anderer Schnickschnack, was stets eine verspielte, weibliche Note hinzufügt und auch mit den gelegentlichen Folkloreanspielungen einhergeht. Der Bonboncharakter mancher Erscheinungen, dieses Jahr auch bei anderen Designern angesagt, drängte sich hie und da etwas auf, eher aber im Sinne frischer Mintbonbons und nicht wirklich kitschig; die folkloristischen Anleihen kippen noch nicht ins Spießige. Das leichte, unkomplizierte T-Shirt spielte auch eine Rolle in der Kollektion, bedruckt mit Schlagwörtern, wie es gerade viele machen und mögen, an solchen Stellen erschien uns die Gestaltungskraft etwas unter Wert eingebracht.
Insgesamt ist die stilistische Positionierung von Maison Common eine echte Bereicherung in der jungen deutschen Modeszene, lebensbejahend und klassische Werte nicht verleugnend – wir hoffen sehr, dass das Label auch in den künftigen Fashionweek-Saisons diese Anschauung prägnant vertritt, ohne vorzeitig von Otto oder ähnlichen bürgerlichen Branchen-Vertretern vereinnahmt zu werden.
Vive le Goût Français!