Dawid Tomaszewski AW13
Text: Boris Marberg
Bilder: Andreas Hofrichter (Schau), Marcello Rubini (Backstage)
Manchmal lohnt es sich, nicht gleich nach dem Besuch einer Modenschau reflexartig loszulegen und zu berichten, den gewisse Kollektionen wirken erst nach Tagen und Wochen so intensiv, dass neue und Interessante Aspekte in der Reflektion bewusst werden und Kontrapunkte an die Hand geben. Eine solche Kollektion ist die neue Herbst- und Winterkollektion von Dawid Tomaszewski.
Die Kollektion ist düster, pointiert und reichhaltig an auch handwerklich sehr interessanten Details. Da lag es auf der Hand, dass man viel über Vergleich zu den Kollektionen von zum Beispiel Augustin Teboul gelesen hat; oder die neue Kollektion als futuristisch klassifiziert worden ist. Dabei werden unserer Auffassung nach ganz entscheidende Aspekte des künstlerischen Wirkens von Dawid Tomaszewski und seinem Werdegang außer Acht gelassen. Traumfabriken a la Hollywood, auch im kleinen, europäisch-deutschen Kontext mit Rotem Teppich interessieren den Designer wohl nicht sonderlich. Dazu stehen die Persönlichkeit und der Charakter der Person, die Dawid Tomaszewskis Kleidung trägt zu sehr im Vordergrund. Seine Handschrift ist von einem realistischen Gesellschaftsbild und einer zeitgenössischen gesellschaftlichen Reflektion geprägt, die sich im Modedesign in den frühen 1990er bis zum Ende jenes Jahrzehnt herausgearbeitet hat und seit dem auch ideologisch konträr zu dem glamourösen Individualismus steht, der auch heute noch viele Designer inspiriert – vor allem viele Labels aus Italien und den USA. Futuristisch, im klassischen Sinne – künstlerisch, wie auch manifestiert in politischen Äußerungen aus dem Italienischen der ersten zwei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts ist diese Kollektion mitnichten. Wegbegleiter im Werdegang des Designers waren unter anderem Rei Kawakubo und Vivienne Westwood, welche die UdK in der Zeit leitete, in jener der Designer dort studierte. Ein utopisches Element, welches bei der Unterstellung von Futurismus sich in dem Wirken von Dawid Tomaszewski dann zeigen müsste findet sich nicht. Vielmehr ist der Charakter der letzen Kollektionen, wie auch der aktuellen, von einem ausgeprägten zeitgenössischem Realismus geprägt, der eben mit den individuellen Polaritäten von subjektiven Innen(raum) und progressivem Außen in der Öffentlichkeit thematisch spielt.
Während die Sommerkollektion elfenhaft, hell und fast schon leuchtend war, so ist in der Konsequenz die kommende Herbst/Winter Kollektion dunkel, schwer, üppig aber nichtsdestotrotz progressiv individualistisch bis hin zu avantgardistisch, nicht aber düster im eigentlichen Sinne. Vielmehr spiegeln die Silhouetten und Volumen in der Linienführung wie auch in der technischen Konstruktion eine schützende Funktion wieder, in der sich die Person individuell ihre „Gemütlichkeit“, elegant bewahren kann und dennoch im öffentlichen Raum ein starkes zeitgenössisches Statement abgibt. Der elegant edle Charakter der Kreationen spiegelt sich wieder in handwerklich raffinierten Details und Umsetzungen, wie Webungen, Drapierungen und Materialmischungen. Die Kollektion drückt hierdurch auch Stärke und Abgrenzung aus. Dabei erinnern viele der Mäntel und Jacken an militärische Schnitte und Konstruktionen bei Funktionskleidung. Auch dies spricht wieder für einen realistischen Ansatz. Als einzige Farbe bleibt in der Kollektion Kupfer, was auch konsequent ist und in minimalistischem Ansatz pointiert. Im Fazit geht der Designer ganz konsequent seinen Weg der Weiterentwicklung und trägt mit einem modernen und zeitgenössischen Beitrag zur eigenständigen mitteleuropäischen Modeentwicklung erfolgreich bei.
Backstage: